Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): 1Kapelle

1Kapelle

ahd. chap(p)ella (chapellun, chappellun AhdGl. II 254f.), kapella, mhd. cap(p)elle, capel, kap(p)elle, kappel von mittellateinisch cap(p)ella = kleines Gotteshaus oder kleiner zum Gottesdienst bestimmter Raum, eigentlich kleiner Mantel, dim. von vulgär-lateinisch und mittellateinisch cap(p)a = (Kapuzen-)Mantel, Umhang (MlatWB. II 202 u. 236); vom Mantel des hl. Martin von Tours, frk. Nationalreliquie, wird das Wort auf den ganzen königlichen Reliquienschatz und das dazugehörige Meßgerät (capella regia in ursprünglicher Bedeutung) und auf dessen Aufbewahrungsort (Oratorium der Königspfalz), dann noch in karolingischer Zeit auf die (königlichen und nichtköniglichen) Eigenkirchen ohne Pfarrechte, schließlich auf jeden kleinen gottesdienstlichen Raum, die (königliche) Hofgeistlichkeit und die an fürstlichen Höfen oder anderwärts tätige) (Kirchen-)Musikvereinigung, übertragen
vgl. Kirche
Sachhinweis: zB.: zu I: Müller,HdbKirchR. I 297ff.; Bader,Dorf. II 195ff.; T.S. Scherg, Die rechtl. Stellung d. Hof- u. Feldkapellen in Oberbayern insb. im 18. u. 19. Jh., Diss. iur. Erlangen 1961; zu III 1: J. Fleckenstein in HRG.1 I 582ff. s.v. Capella regia (Lit.) --- zu III 2: EnzyklTonkunst IV 48f.; Smijers,Hofmusik, Ruhnke,Hofmusikkoll. (Lit.); Engel,Musiksoziologie 83ff. uö.

I kleines Gotteshaus (auf Friedhöfen, an Straßen, in- und außerhalb der Städte, in der freien Landschaft, häufig als Wallfahrtsort, an oder auf Brücken) oder kleiner gottesdienstlicher Raum (in Burgen, Schlössern, Rat- und Privathäusern, vielfach als Anbau, auch in Kirchen als Gebets-, Tauf-, Grabkapelle), über dessen Errichtung, Ausstattung, Verwendung, Gottesdienst usw. das kanonische und das weltliche Recht des Mittelalters und der Neuzeit genaue Regeln enthält

I 1
I 1 a Gebäude oder Raum für gottesdienstliche Zwecke
  • eda fylkis er allar kappellur hniga til j þvi fylke
    1189/90 ZRG.2 Kan. 32 (1943) 32
  • daz ir by ewerm hospital ain capellen buwen und ain priester haben moͤgen, der euch und den armen da selbs wonenden die cristenliche sacrament raiche
    1269 Wörner,HospitalSchwGmünd 190
  • 1291 NrhAnn. 160 (1958) 54f. [Rechte und Pflichten der capelle Floisdorf gegenüber der Mutterkirche Eicks]
  • das man damitte [Zustiftung an Spital] in der cappellun des spittals nah sinem tode ein licht sol han, das naht unde tag iemerme ewecliche da brinne
    1295 FreiburgUB. II 208
  • vort mehe mach ein apth von Prume setzen kirchenn off capellen vp allen steden, dae it ime vucht, bynnen der abtheien ain wiederrede eins vogts von Schonecken off emans anders
    1298 GrW. II 516
  • ertzbischoff Burckardts brief, darin er virtzigk tag ablas gibt alle denjenigen, die ire almosen zu dem baw der bawfelligen capellen sancte Marie virginis und sancti Iacobi ... reichen
    1314 HalleUB. II 77
  • unde sint du reht also herkomen, das die capelle sol geben einen eimer vol wines unde zwelf wissu broet
    1320 Oberelsass/GrW. I 665
  • waͤr aber, daz duͥ capelle dehainest am andern verluͥhen wurde danne ainem priester, so sol und mag der ... vogt ... die nuͥtze der capelle innemen âne alle widerrede und suͥ aͤntwuͥrten aim priester ze siner notduͥrft, der danne die capelle besinge, untz daz si verlihen wirt aim priester, als davor geschriben stat
    1328 ZürichUB. XI 136
  • uͥber duͥ guͤter ... und hůban, so zů der capelle nu ze mâl hoͤret oder hienach hoͤrend wirt, sol vogt sin und vogtreht han der vorgenant herr E.v.G. und sine nachkomen an der vogtige und duͥ guͤter der capelle besetzen und entsetzen und daz gelt und duͥ nuͥtze iaͤrlich saͤmenon und empfâhen und aim capelan der capelle entwuͥrten und gen âne alle minrung, also daz im doch sin vogtreht behalten sige
    1328 ZürichUB. XI 136
  • wenne oͧch duͥ vorgenant capelle widermachons oder besserons bedarf, ez sige an den muren, an dem tache, an bůchen, an dem kelch, an missgewaͤt oder an andern getzierden, so zer capelle oder zem alter hoͤrent, daz sol an capelan von dem gelt, so zer capelle hoͤret, besserun und widermachon, als ez danne notduͥrftig ist und erlich der capelle. waͤr aber, daz er daz nuͥt vollfuͤrte inrunt zwain manoden, so er dez ermant wirt von ain vogt, so sol an vogt der cappelle mit dem gelt, so zů der capelle hoͤret, selbe besserun und widermachon daz, so danne da notduͥrftig ist, âne alle uͥnser widerrede und dez capelans
    1328 ZürichUB. XI 136f.
  • der vorgenant herr E.v.G. het oͧch ... an die capelle gelobt ze genne eweclichen zw march geltz an herrenguͥlt, darumbe daz ain priester da sin notduͥrft dest baz han muge
    1328 ZürichUB. XI 137
  • daz die vorgenanten herren, der luͥppriester und die brůedere des huses von Berne, die egenanten messe, die in dem egenanten spitâl sin solte, suͥllen von nu hin ewenklich in uͥnser capellen, da under uͥnser gebein lit und růwet, singen und sprechen die messe von ir brůder einem oder von einem andern, den si daz hiessen
    1342 BernStR. VI 1 S. 28
  • 1343 OÖUB. VI 451
  • es i.z.w., dz min her der abt von Enselliden die capell ze T. ze lihen hat, doch mit fürworten, wem die selb cappel verluhen wirt, der sol daselbs besorgen den vntertan vngefarlich zwürent ze der wuchen mess ze haben
    1346 GrW. IV 384
  • [Ministeriale haben reichliche Güter] an die ewigen messe zu der capllen in vnsere burge Bilriet [dotiert]
    1352 BambBer. 63 (1904) 39
  • so haben wir [Abt und Konvent von Reichenau] dem vorgenanten J.d.E. und allen sinen liberben, waz suͤn sint, die genad getan und tügen och mit disem brief, daz er oder ye der elst sin sun ... oder anderer siner kinde eltsten suͤn liberben, ob er nicht süne nach im liezze, die selben cappell ainem pryester lihen sol und mag, wenn und alz dikk si ye ledig wirt
    1356 UlmUB. II 2 S. 443
  • wer, daz der vorgenant J.d.E. also nach im nicht liberben liez, die knaben ald man weren, so sol denn daz lihen der selben cappell ze Grymolfingen an ainen abbt unsers vorgenanten gotzhuss, wer denne apt ist, ledeclichen vallen und gevallen sin, und sol denne der oder sin nachkomen ... die selben cappell ye lihen ainem erbern pryester, der da gotzdienst hab
    1356 UlmUB. II 2 S. 443
  • diu vorgenant cappell ze Grymolfingen und ain pryester da selbs elliu diu recht han alz die von Erynstain, Jungingen und Möringen und alz ander cappellen uf dem lande, die in die pfarr ze Ulm gehörent, die wir im und ainem yeglichen bryester da selbz für uns und für alle unser nachkommen ewiclichen ymmermer bestaeten mit disem brief
    1356 UlmUB. II 2 S. 444
  • wer och, daz der selb J.d.E. oder sin liberben ... die selben cappell, so si ye ledig würde, ainem pryester nicht verlihen ymraichalb den nechsten zwain manoden darnach, so si ledig würde, so sönt sie denne ze dem mal kainen gewalt daran haben ze lihent und sülln wir apt Eberhart si lihen oder unser nachkomm
    1356 UlmUB. II 2 S. 444
  • das ein jeglich priester, der in der vorgenanten kilchen oder capellen ist gepfruondet, uf derselben pfruonde sitzen und si selber verdienen sol, es si denne, das in siechtage oder ander redelich und offenbar sach entschuldige
    1364 FreibMünsterBl. 5 (1909) 74
  • hant wir [Bischof] geordenet, das in der vorgenanten kilchen und capellen dieselben götliche dienste ernstlich und endelich nach der ... gewonheit begangen werden
    1364 FreibMünsterBl. 5 (1909) 76
  • 1382 MZoll. I 246
  • vnd will ich [Vogt] vnd myn erben ... dem prister, dem wir die cappellen geben werden, allewege sin kost degelichs by vns in vnser burge zu Numagen willenclich vnd gern vnd vmb gottz willen geben, als verre er die vorgeschrieben cappelle wol vordynet vnd wol dedich iz
    1405 HunolsteinUB. II 123
  • de capellen tho Seester, so nyelick mit unserm vulborde gestifftet unde gebuwet, scheiden und sündern wy aff mit all ehrer gerechtigkeit und thobehöringe van vörgemeldten kercken tho Elmeshorne unde willen uthdrücklick, dat desülve capelle tho Seester der karspel karken tho Utersen alse ehrer moder henförder schall underworpen syn
    1428 Westphalen,Mon. IV 3485
  • also das derselb W. vnd sein erben die egenanten stuckh mit ihren zuegehörungen nu fürbasser ihn purckhrechts weis innhaben, nuzen vnd niessen vnd jerlich an sand Michels tag zwen vnd dreyssig wienner pfening zu vnserer capellen in vnser purckh ze Wienn ze purckhrecht davon dienen vnd reichen sullen, als purckhrechts vnd landts recht ist
    1439 Herrgott,MAustr. I 242
  • die geben den zehnten an die cappel unser lieben frauwen zu Brunn
    1450 GrW. V 368
  • oͧch ist berett worden, dz in der selben kappellen sant Anthonij kein begrebdniß, sepultur noch lichlege nuͥt werden sol zů ewigen ziten, noch nuͥt me, den ein Anthonyer do wonen sol, der der selben cappellen und hußes wartet und pfligt, noch kein covent niemer do sol uff erstan, uͥnßer luͥtkirchen und pfarren gantz gar unschedlichen in allen stucken
    1454 BernStR. VI 1 S. 78
  • die capell zu Greweiler soll ein pastor [zu Finkenbach] belesen die woch ein meß; gibt der herrnhoff daselbst 4 ... malter korns. die capell zu Bisterschied gibt einem pastor 20 malter frucht, halb korn und habern; soll er die woch zwo meßen daselbst lesen
    1456 PfälzW. II 509
  • welke vorbenante anderhalue houe vnseme klostere to tinse gan, nemeliken to der cappellen sancti Jacobi, de dar liid bouen deme Pipenborne in dem crucegange to Ilseneborch
    1458 IlsenburgUB. I 267
  • ok de ergenante her J.K., wen he hedde gebouwet und gewyhet laten de capellen, wolde he bestellen eynen prester, de scholde in der weken in der genanten capellen twe missen lese gode to love, allen cristen selen to troste
    1469 HamelnUB. II 261
  • ok wolde de vorscreven her J.K. laten setten in de capellen eyne kisten edder block, wat dar worde in gegeven, schullen dusse genante vorstender efte olderlude afstan win und ablaten, lucht und altarlaken efte wes nod were to behof dusser capellen
    1469 HamelnUB. II 261
  • indulgencie huius capelle sequuntur: item de ... byschop A. heft ghegheven allen cristenluden des stichtes van Mynden, de de komen in dusse capellen umme gnade unde aflates willen unde sprickt eyn pater noster myt ynnycheyt synes herten vor alle cristenzele unde deyt hantrekynge to der buwecht, to wyn, lucht efte anderen clenoden van eynem jowelken hilghen van sunte Annen slechte, xl daghe aflates ...
    1490 HamelnUB. II 429
  • 1494 HamelnUB. II 441f.
  • 1516 Staphorst,HambKG. I 1 S. 673f.
  • sondrig personen, so besonder altaren vnd capellen haben, die mögen mit den mäßgwender, kleidern, zierden, kelchen etc., die sy oder jr vorder dargeben haben, handeln nach jrem gefallen
    1528 deQuervain,BernRef. 191
  • nach mittag ... auf eine gelegne stunde sol der diacon in der capellen in der nider kirchen ... die epistel desselbigen sontags ... predigen
    1533 Sehling,EvKO. I 1 S. 508
  • dat register der tinze der capellen to vnßer lieuen frawen ...
    1545 PrignitzVis. 134 [ebd.ö.]
  • [ist] vorkommen, das die knapschaft [in Annaberg] einen sonderlichen und aigen prediger, dero ihnen auf etliche namhaftige und gewisse tage in ihrer cappel alhier predigte, zu bestellen, auf und anzunehmen privilegiret und befuget [war]
    1555 Sehling,EvKO. I 1 S. 522
  • [wird] geordnet, das ... das funus oder leiche ... hinausgetragen und in der capel alsdenne eine predigt ausm catechismo ... gehalten werden solle
    1555 Sehling,EvKO. I 1 S. 523
  • wellen wir ..., das die unnotwendigen veldkirchen oder capellen, wo sie hin und wieder in den holzen und auf den ainöden außerhalb der dörfer oder filial ligen, darin bisher das predigtampt nit gebraucht oder des herrn abentmahl nit gehalten worden, abgetan und niedergebrochen ... werden
    1555 Sehling,EvKO. XIII 106
  • 1557 Sehling,EvKO. VIII 163
  • in der capel [im Spital in Rothenhurg o.d.T.] lest es ein erbarer rat auch bei getaner verordnung [Gottesdienstordnung] bleiben, nemlich: ...
    1559 Sehling,EvKO. XI 593
  • 1576 Sehling,EvKO. XIII 207
  • die römisch-katholischen haben noch einen vicarien ... und eine kapelle beneben der pfarrkirchen ist, welche ihnen noch viel zu groß, worin sie ihr exercitium wollen treiben und können ohne einige molestation
    1612 JbWestfKG. 7 (1905) 39
  • hiernechst so sollen vorgedachter beyder religionen augspurgischer confession reformirte und lutherische prediger, pfarrer, kirchen, capellen, schulen und andere gehoͤrige haͤuser und wohnungen, auch gewidmete guͤter, renthen und gefaͤllen alle geistliche freyheit vor ihre personen und vor die zu ihren pfarrern gewidmete guͤter, wie und wo dieselben im lande gelegen, uͤberall gleich wie die roͤmisch-catholische indifferenter geniessen
    1714 Struve,PfälzKHist. 1274
  • die capellen muͤssen zu denen visitations-kosten nach beschaffenheit ihres vermoͤgens und ermaͤßigung der visitatorum concurriren
    1727 BrschwLO. I 473
  • hat der magistrat die erklärung getan, daß man über die hl. capelle nicht mehr macht haben wolle, als man bisher gehabt
    1741 Disch,ChrZell 335
  • ist einem theile der gemeine die errichtung einer besondern capelle oder eines bethhauses in einer entlegneren gegend des kirchspiels verstattet worden: so muß dennoch dergleichen capelle so wie die hauptkirche von denjenigen, die zu letztrer verpflichtet sind, unterhalten werden
    1794 PreußALR. II 11 § 728
  • seine fuͤrstliche gnaden [Herzog von Württemberg] ließen [1535] dero eigene capelle von allen bildern entledigen
    1798 Schnurrer,WürtKRef. 163
  • das ganze stiftungsvermögen von der capelle st. Jost wird der kirche von st. Anton einverleibt und ausschließlich von den gemeindsbewohnern von Bürgen verwaltet, um daraus die baulichkeiten und ausgaben bemeldter kirche zu bestreiten
    1801 AktSammlHelvet. VII 71
I 1 b zum Begriff zB.:
I 2
Verwendung zu säkularen Zwecken

I 2 a
als Ort weltlicher Rechtshandlungen
  • [Belehnungsakt mit den obersten Hofämtern des Hochstifts Bamberg] in sant Egidien closter hinten in dem cleinen capellein, unser lieben frawen capellen genannt
    1467 BambBer. 78 (1922/24) 163 Anm. 4
  • [Belehnungsakt mit den obersten Hofämtern des Hochstifts Bamberg] in sant Gilgen capellen des closters daselbst
    1467 BambBer. 78 (1922/24) 163 Anm. 4
  • dis sint die recht, die die huber zu Ütenheim jarlich zu recht sprechent in der hern von Honowe dinghof doselbs, und werdent gesprochen zu allen gedingen in s. Briden capellen bi den eiden, so sie getan und geschworen habent in dem selben dinghof und ouch verbunden sind zu halten. zu dem ersten so sollen die herren haben einen geschwornen meiger, der sol ... zu dinge sitzen in der capellen
    16. Jh. GrW. I 729
  • [bei der Kaiserkrönung in Frankfurt begibt sich der erste kurbrandenburgische Gesandte] in der kirchen ... in einen vor ihn expresse bereiteten und mit rothem sammet beschlagenen stuhl, an dessen hoͤhe der name ChurBrandenburg mit guͤldenen buchstaben gezeichnet ist, hoͤret das veni sancte etc. hier wieder, da die catholische knien, stehend an und reteriret sich nachmahlen, wann die messe angehet, ... in die capelle 
    1700 Zwantzig,CeremBrandenb. 29
I 2 b als Archiv und Schatzkammer
  • [in Westhoven lag] die scharbyle in einer kisten binnen der kapellen verschloiten
    15./16. Jh. Zierenberg,GevelsbMark 34 Anm. 5
  • [die] insignien des koͤnigreichs werden von den staͤnden des reichs in der capell des heiligen Wenceslai bestaͤndig aufbehalten
    1720 Lünig,TheatrCerem. II 89
  • nach dieser gemeldten allgemeinen bedeutung enthaͤlt eine registratur zugleich das sogenannte archiv, das chartophylacium und tabularium oder die registraturam proprie et in specie sic dictam; ... welches alles vormahls vor ordentlicher einrichtung der heutigen registraturen gemeiniglich in denen capellen verwahrlich aufbehalten und daher dem capellano die aufsicht daruͤber anvertrauet war, der dahero auch so viel als archivarius gewesen
    1764 Fladt,Registratur. 12
I 3 rechtliche Bedeutung als Asylstätte
  • in ein kappellen er entran
    13. Jh. Ernst V. 1287
  • sie [Herzog Ernst und seine Helfer] heten im [dem Kaiser] nâch den lîp benomen, wær er niht in ein kappellen komen, sô hæte er den lîp verlorn
    13. Jh. Ernst V. 1412
II übertragen (nur in Livland?)
der Friedhof (I), Gottesacker (II), auf dem eine 1Kapelle (I) steht
  • dieses wort kapelle hat in Livland zweierlei bedeutungen. einmal bedeutet es, und jetzt gewoͤhnlich, den kirchhof, gottesacker oder den leichengarten, welcher, nach den patenten vom 23. februar, 9. april und 30. julius 1773, wenigstens 100 faden von kirchen und wohnungen und hoͤchstens drei werst von der kirche entfernt angelegt werden soll
    1821 SammlLivlLR. II 597
  • oJ. Gutzeit,Livl. II 15
III übertragen

III 1 am karolingischen und hoch-mittelalterlichen deutschen Königshof die Gemeinschaft der Geistlichkeit der königlichen 1Kapelle (I), die die Keimzelle der königlichen Kanzlei bildet, in den Quellen aber durchweg mit dem mittellateinischen Ausdruck capella (regalis, regia, palatina) bezeichnet wird
  • capella hat der rath geheissen, in welcher zu Caroli M. zeiten der erzcanzler, canzler und ihm zugeordnete gesessen, dahero der canzler capellanus geheissen
    1733 Zedler V 620
III 2 außerhalb des Königshofs im Mittelalter (bis ins 16. Jh.) allgemein -- meist freilich in der mittellateinischen Form capella -- die Gemeinschaft derjenigen, die einen höfischen Gottesdienst in einer fürstlichen Hofkapelle (I) durchführen: Hofgeistliche, Meßdiener, Sänger, Sängerknaben und Organisten, vielfach (nicht allerorts) unter Einschluß der Instrumentisten; in der Neuzeit allmähliche Verengung des Begriffs: zunächst in Anlehnung an italienisch cappella auf den höfischen oder städtischen Sängerchor (meist einschließlich der Organisten; an den evangelischen Höfen des 16./17. Jh. = Kantorei, und zwar Vokalkantorei), seit dem 17 Jh. mehr und mehr auf das ganze am fürstlichen Hof tätige, organisatorisch verselbständigte Musikkollegium (Hofkapelle II, gemischte Kantorei, auch an katholischen Höfen), schließlich auf jedes Instrumentalorchester
  • 1517 Sittard,GMusikWürt. I 11
  • 1524 HeidelbStudMusikw. 8 (1939) 13
  • capelordnung [König Ferdinands I.] ... es soll auch die ganz capell ir gehorsam dem öbristen caplan thun, der soll sein guet ordnung der ceremonien ... halten
    1527 Fellner-Kretschmayr II 113
  • 1546 Smijers,Hofmusik III 194
  • 1546 Smijers,Hofmusik IV 76
  • als vnns [Kurfürst] ... der alte capellnmeyster J.W. zwvilmaln ... gebeten, ime in betrachtung seines verlebten alters vnnd vnvermogennheit von der verwaltung der capellen genedigst zuerlauben, haben wir nach einem andern trachten missen, damit gleichwol der capelle inn manngel eines ordenntlichenn haubts oder moder atorn nicht in abgange keme
    1555 Sachsen/MhMusikg. 9 (1877) 235f.
  • 1555 Bayern/Ruhnke,Hofmusikkoll. 305
  • ist vnser [Kurfürst Ottheinrich] entlicher vnd letzter will, das vnsere angestellte capell vnd musica in gleichnus on allen abgang in gueter harmonia vnd ordnung, insonderhait in der schloßkirchen zu Haidelberg, conseruirt vnd erhallten, auch yederzeit die fursehung geschehe, das an stat der abgehenden oder vntuglichen singer andere wolgestimbte singer, cantores vnd musici ..., des gleichen berumbte vnd kunstreiche organisten, pusauner, harpffanisten, lautanisten, zinckhenbleser vnd trumetter zur hand gebracht vnd angestellt werden sollen, auch in betrachtung, das solchs als ain sonderliche zier vnd wolstand von vnuerdechtlichen jaren, auch, wie wir bericht, vasst am ersten in teutschenn landen also bey der churfurstlichen Pfaltz herkomen vnd dieselbige vor andern an solchem ein sonderen rhuem gehabt
    1556/59 Stein,MusikwHeidelb. 52 Anm. 2
  • instruction und ordnung auf die capeln und instrumentisten
    1565 Innsbruck/Ruhnke,Hofmusikkoll. 276
  • 1565 Schmidt,AnsbachMusik 20
  • 1570 Engel,ThürMusik 78
  • 1571 Smijers,Hofmusik III 196
  • 1572 Rauschning,MusikDanzig 30
  • 1574 Smijers,Hofmusik II 119
  • 1574 Smijers,Hofmusik II 136
  • [aus Besoldungsabelle:] preussische kapelle: Z.E., cantor ..., beim cantor sind 8 diskantisten, ... A.L. [Bassist?] ..., lauttenist B. ..., organist J. ..., B.v.G., instrumentist ..., T.M., altist [sowie weitere 2 Altisten, 1 Bassist u. 3 Tenoristen]
    1578 Mayer-Reinach,KönigsbHofkapelle 34
  • [Zusammensetzung der Heidelberger Hofkapelle] capell und sengerey: ... musica: ...
    1579 Stein,MusikwHeidelb. 56 Anm. 2
  • 1580 Freising/Ruhnke,Hofmusikkoll. 253
  • das er vnns für einen capellenmeister dienen, die cantorei vnd capellen mit ehrlichen, tüchtigen, geübten personen woll bestellen ... soll
    1585 Mayer-Reinach,KönigsbHofkapelle 36
  • 1586 Ansbach/SammelbdMusik. XII 6
  • 1587 Zulauf,HessHofkapelle 31
  • 1590 Schmidt,AnsbachMusik 34
  • 1593 Mayer-Reinach,KönigsbHofkapelle 45
  • solle vnnd wölle er ... die gantze cappel vnnd cantorey, so jme allß ainem cappelmaister beuolhen, mit treüwem vleyß regieren vnnd haltten
    1595 WürtVjh.2 19 (1910) 370
  • 1595 WürtVjh.2 19 (1910) 371, 373
  • wann volgendermassen in der wochen mit der ganzen cappel zusammen gesungen, die instrumentisten mit ihren pusonen vnnd zinckhen auch gewißlichen vnnd ohne feelen zugegen sein
    1595 WürtVjh.2 19 (1910) 372
  • 1595 WürtVjh.2 19 (1910) 374
  • 1608 Sittard,GMusikWürt. I 39
  • 1608 WürtVjh.2 19 (1910) 348
  • 1609 Smijers,Hofmusik III 194
  • [dem württembergischen Konsistorium ist durch fürstliches Dekret] die inspektion über die ganze kapelle und die annahme junger und alter musikanten auf i.f.g. approbation gnädigst befohlen worden
    1610 WürtVjh.2 20 (1911) 151
  • 1617 Wustmann,LeipzMusikg. I 210
  • nach 1620 Smijers,Hofmusik I 158
  • daß die cappel jedesmal mit taugenlichen personen, welche zierlich, lieblich, künstlich und perfekt sowohl mit stimmen als instrumenten zu musicieren wissen, bestellet seye
    1634 WürtVjh.2 21 (1912) 75
  • 1640 Nagel,MusikDarmstadt 26
  • 1641 Strube,Kantor 46
  • 1645 Engel,ThürMusik 119
  • 1646 Rauschning,MusikDanzig 172
  • 1647 Mayer-Reinach,KönigsbHofkapelle 66
  • 1657 Sittard,GMusikWürt. I 50
  • die capell chorus canentium, musici, cantores, chorus musicus vel musicorum
    1663 Schönsleder s.v.
  • 1664 Mayer-Reinach,KönigsbHofkapelle 74
  • aufsatz, welcher gestalt eine compendiose, doch complete capelle aufs geringst und füglichst zu underhalten sey, ... nemlich: ...
    1664 Meyer,GGüstrowHofkapelle 41 [und JbMeckl. 83 (1919) 41]
  • 1669 Meyer,GGüstrowHofkapelle 38
  • 1679 Rauschning,MusikDanzig 278
  • um 1680 Schmidt,AnsbachMusik 61
  • 1683 Rauschning,MusikDanzig 238
  • derer zu e. hoch edl. gestr. raths dieser weltberühmten königl. stadt Dantzig gehörigen chapella in der pfarr kirche: 1. der capellmeister, 2. F.K. cantor, 3. G.S. organist, hierauf folgen die ordentlichen vocalisten ..., zu diesen fünff vocalisten treten noch 2 schul collegen ..., die aber nicht zur concertal-music sondern nur zum ripieno choro gebraucht werden können
    1686 Rauschning,MusikDanzig 280
  • 1687 Rauschning,MusikDanzig 282
  • 1693 Rauschning,MusikDanzig 284
  • 1717 Engel,ThürMusik 18
  • 1736 Sittard,GMusikWürt. II 2
  • [die] hochfürstliche und des hohen domstiftes [von Münster] kapelle [bestand im Jahre 1750 aus] capelle meister S., violinist V., organist T., violinist D., baßgeiger C., violinist G., bassist J.G.S., fagottist B., violinist D., violinist W., fagottist M., calcant M.
    1750 Salmen,MusikWestf. I 217
  • die königliche [dänische] capelle, deren chef der hofmarschall ist, hat ein personal von 57 musikern
    1823 StaatsbMag. III 640
IV
übertragen Kirchen-, Chormusik
  • am neuen jahrstag wird capelle im pallast gehalten ... den ersten tag in der fasten wird capelle bey st. Sabina oder im pallast gehalten
    1720 Lünig,TheatrCerem. II 254
  • 1720 Lünig,TheatrCerem. II 258
  • se. durchlaucht hat unter den hof-offizianten [am Stuttgarter Hof] eine große reduction fürgenommen, unter andern aber alle hof-musicos, den einzigen organisten ausgenommen, abgedanket. hochgedachte se. durchl. verlanget keine capelle noch tafel-musik, sondern will dem gottesdienst in der stadt-pfarr-kirche beywohnen
    1737 BeitrHambMusikg. 32
  • morgen frühe ist päpstliche capelle 
    oJ. Goethe/DWB. V 183
V in Nürnberg boshafte Bezeichnung für die Folterkammer
vgl. Loch (I)
  • 15. Jh.? Waldau,NBeitr. I 436
  • den Labenwolff zu rede hallten in der capellen und, tut not, in pindten und betreten
    1501 NürnbRatsverl. I 87
  • "mit beiden [dem Henker und seinem Knecht] ... hatten manche der Missetäter bereits in der sogenannten kapelle, der Folterkammer des Lochgefängnisses, Bekanntschaft gemacht" 
    16./17. Jh. Hampe,NürnbMalefizB. 74
unter Ausschluss der Schreibform(en):
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