Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): abschatzen

abschatzen

, abschätzen

mhd. abeschatzen, nd., nl. afsc(h)atten, ofscatten, dän. afskatte, schwed. afskatta. Bisher zuerst belegt: nl. 1319 (Mieris II 208a), nd. 1332 (GoslarUB. III 667 nr. 1009), hd. 1393 (s. I 1), schwed. 1409 (SvensktDipl.2II 197)

I von jemandem einen Schatz (Geld oder anderen Wert) abfordern, ihm wegnehmen (hd. abschatzen); insbesondere jemandem, den man in der Gewalt hat, etwas abnötigen

I 1 besiegten Feinden Beute, Lösegeld, Kriegsentschädigung abfordern, eroberte Orte (brand-)schatzen
  • leth se [Königin von Norwegen] koning Alberte so we don, dat se eme afschattede Axelwalde ... ok wolde se em afgeschattet hebben ørebro
    1389 MecklUB. 21 S. 289 nr. 12076
  • were ... sache, daz ... unsere dynere ... der ... stede ... vigenden neme ... schaiffe oder phyhe ... oder obe sy yn yt abeschatzeten von brantschatzunge, ... daz sal ... halber unser syn unde halber unser ... stede
    1393 Limburg/DChr. IV 1 S. 145
  • in dem selben krige fing die vurgenannte koniginne von Denmark den vurgenanten konig von Sweden unde schatzete im abe me dan seszig dusent marg silbers
    um 1400 LimbChr. 83
  • KölnZftUrk. II 550
  • MWittelsb. II nr. 361
  • WürtLändlRQ. I 610
I 2 (räuberisch) Überfallene, Schiffbrüchige berauben
  • fengk he [Erzbischof v. Magdeburg] de joden van Magdeborch und van Halle ... und schattede ön aff hundert dusent mark ane gold und silber dat he ut ören schloten nomen hadde unde ut ören hüszen de men upslot und tobrak
    1261 Güdemann,JudMagdeb. 11 Anm. 9
  • [Herzog Ernst von Braunschweig ersucht den Rat zu Goslar] we biddet jůk, ... unsen dynere, dat gy mid juwen borgeren dat willen vermoͮgen, dat se ome dat sine willen weder geven, dat se ome afgeschattet hebben ... und hebben dat gedan ute juwer stad unde in thoͮ juwer stad unde is uns geschen up unser vryen strate
    1345/67 Uslar/GoslarUB. IV 439 nr. 573
  • de borgere ... B. unde sin kumpan ... worden afghescattet 36 mark
    1368 HHildeshUB. V 831 nr. 1272
  • eine somme gelts, die ettelichen judden, die in unserme geleide gefangen, abegeschetzt ist
    1453 IngelheimUrt. 305/Loersch,Ingelh. 363
  • es solle ... niemandt von obgemeldten personen [Schiffbrüchigen] ... etwas zuschencken begehren, oder ihnen etwas, wie das nahmen haben mag vnd wol eher geschehen sein solle, abschazen 
    1581 Brandenb.Preuß.StrandgüterO./Perels,Strandungsdelikte 83
I 3
von Untertanen (zwangsweise) Abgaben (Schatz = Steuer, Geldstrafe) erheben; insbesondere Erpressen von unrechten Steuern, übermäßigen Abgaben, Bestechungsgeldern (an abschatzen (I 1) und abschatzen (I 2) angelehnt)
  • dat te untruwen und gyrigen amptluͤde der försten ... den armen undersaten ere gudt, dat ys ere sure sweͤth unde blodt, per phas et nephas afschatten 
    Anf. 16. Jh. H. Brandes, Die jüngere Glosse zum Reinke de Vos (Halle 1891) 189 (Z. 151)
  • welkem unsem borghere ... de voghet to unrechte wat af [ältere Fassung ane] scattet dat deme rade vorswighet worde
    oJ. GoslarStat. 84, Z. 5-7
  • waer dat zake dat de scoute ... enyghen persoen dien hi ghevanghen hadde ... scatte ... die en zoude after die tijd nummermeer scoute wezen tUtrecht. ende daertoe zoude hi den ghenen tsine weder gheven, dien hijt ofghescat ofte ofghenomen hadde
    oJ. UtrechtRBr. I 215 (nr. 2)
I 4 verbotene Selbsthilfe
  • [?] item auch ist der statt recht und burger freyheit, daß man keinen burger, burgersche noch ingesessen jhr gelt noch guͤter abschetzen sol, so wer mit dem andern zuschaffen oder außstehens hette, der soll den andern mit recht ... fuͤrdern
    1450(?) KölnStat. II 59 (nr. 36)
I 5 übertragen
  • ein geitzwanst dem fürsten mehr abschatzen, denn eine gantze stad geben kann
    1544 Dietz,LutherWB. 26
  • dat niemand ... hem en sal vervordern, nog opten Pinxter-avont, nog ook tot eenige andere tijden, ... de goede luyden eenige boomen af te schatten [zum Zwecke des "Grünmachens" bei Hochzeiten und anderen Festen von fremden Bäumen Äste und Laub plündern]
    1667 NlWB. I 1317 [berührt sich mit abschatzen (IV)]
II den Wert einer Sache herabsetzen, ihr den Wert absprechen
  • wann ... die verordneten beschower ... by den becken brot ..., das zů klain gebachen, finden wurden, so sollen sie ... so es schillinglaib, die uff ailff oder zehen haller, ... abschezen. unnd wann ain brot ... abgeschetzt wurde, so sol dasselbig ... nit in der brot- sondern kürsinloben ... verkaufft werden. wellichem ... das brot ... abgeschezt wurde, derselbig, bis er sollich abgeschezt brot alles verkaufft, kain anders bachen ... solle
    16. Jh. RottweilStR. Art. 550 (S. 267)
-- verbieten
  • kamine [die vorschriftswidrig] sollen abgeschätzt sein
    1821 SchweizId. IV 1148, 2c
-- Münzen als geringwertig aus dem Verkehr ziehen
-- öpis abschezen etwas als wertlos erklären
III bei der Zwangsvollstreckung

III 1 eine Sache um etwas einschätzen, eine Sache wegen einer Schuld pfänden und schätzen. Ursprünglich dabei ab selbständige Part
  • item welcher ... eine geldschuld schuldig ist in kraft brief und sigel ... so sol ab dem unterpfand geschetzt werden um hauptsumma, kostung und schetzlohn ... so fehren aber das unterpfand nicht genugsam were, so sol um das übrige ... ab andrem des schuldners hab und gut geschetzt werden
    oJ. Langwies Art. 168. 171
  • Graubünden/GraubdnRQ. II 305
-- später wird das Objekt weggelassen und ab mit schätzen verbunden
  • mehr ist gesetzt dz kein schuldbrief solle [obrigkeitlich] besiglet werden, darinnen mehr als um den dritten pfennig wuocher abzuschätzen begriffen seye
    um 1650? St.PeterLB. Art. 29
  • Graubünden/GraubdnRQ. II 319
-- beim Objekt steht schließlich statt des früheren ab ein von oder aus 
  • wan jemand ... auf die versprochene zeit nicht bezahlen thete, so kan der inziecher die schätzer führen, und ... von fahrende sach abgeschätzen lassen, bis er bezalt ist
    1791 GraubdnRQ. II 334
  • alle mal so die schätzer gebraucht werden, solle ihr bestimmten schätzerlohn zugleich mit dem übrigen aus desjenigen vermögen so da aus geschätz wird auch abgeschätz werden
    oJ. GraubdnRQ. II 333f.
  • ebenso so hat ... der lechenherr das recht vom fahrenden oder ligenden abschätzen zu lassen
    oJ. GraubdnRQ. II 339
  • Graubünden/GraubdnRQ. II 334
  • SchweizId. V 1113
-- abschätzen wird dann gleichbedeutend mit schätzen 
  • 1627 BöhmLO. K 11
  • inmassen hiedurch erfolgen wurde, das manche lehenbare stuckh durch die gerichtlichen executionen nicht alsohin, wie es bis anhero ... beschehen, abgeschätzet, und forthin weithers distrahiret wurden
    1717 Hüttner,TacHyp. I 9 S. 96
III 2 abstiften, abmeiern
  • [wenn jemand mehrmals wegen Frevel abgestraft ist, wird die Grundobrigkeit] so fehrn kein besserung zu sehen, ain solchen bößwicht auß dem dorf verjagen oder so es ain paur, ohne verschonung abschäzen 
    1702 Mureck/ÖW. VI 399 [berührt sich mit abschatzen (IV)]
III 3 aus dem Versteigerungserlös die Gläubiger befriedigen
  • wat huys ende erve, datter aldus vercoft worde ..., die sel men ofscatten na den outsten brieven, ende en moch men sijn sculde niet betalen mit sijn huijs of sijn goede, so sal hy terstont die stede ruymen
    oJ. LeidenKb. 199, 26
IV enteignen (berührt sich mit abschatzen (I) und abschatzen (III) 
  • het vollen eigendom werd verloren. § 7 ... door hooger hand wanneer de gemeene zaeck eenig goed van noode heeft ende 't zelve den onderzaten afschat: welck recht oock dijckgraven ende heemraiden hebben binnen haren waerd, om aerde te halen tot maecking ende hermaecking von dijcken, mids de zelve halende ter naester laghe ende minster schade, onder behoorlicke ziering, dat is afschatting
    1631 Hugo de Groot, Inleidinge II 32/FockemaAndreae I 91
unter Ausschluss der Schreibform(en):
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