Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): 1Kante

1Kante

sprachlich vor allem im süddeutschen Raum gebräuchlich; zur Etymologie vgl. Kluge22 352 s.v. Kanne; DWB. V 173
Gefäß (aus Metall, Ton oder Holz) mit Ausguß, besonders als Hohlmaß verwendet

A überhaupt

A I in obrigkeitlichen Vorschriften und Zunftartikeln für die Kannen- beziehungsweise Kantengießer über Herstellung, Kontrolle und Preis beziehungsweise Lohn

A I 1 das Mischungsverhältnis der Metalle (Zinn mit Blei) betreffend
  • aller zeug, daraus ... zingeschirr, es seyen kannten, fleschen, schisseln ... gemacht, [sollen] annderßt nit gegossen ... werden, dann vff nachuolgennde zwen ... grad, 1. ... vnnder neün pfund lautters zin ein pfundt pleys, 2. ... vnnder vier pfund lautters zin ein pfund pleys
    Anfang 16. Jh. Rummer,Pforzheim 162
  • fvrohin soll aller zeug, darauß ... zingeschirr, es seyen kanten, flaͤschen ... anders nicht gegossen, gemischt, oder verarbeitet werden, dann auff nachvolgende zween vnderschidliche grad
    1559 wie 1621 WürtLO. 1621 S. 792
  • es soll keiner kein kanten oder ander zingeschirr flicken, dann mit eim loth, das dem gehalt desselben wercks gemaͤß, vnd nicht ringer sey
    1559 wie 1621 WürtLO. 1621 S. 793
  • solle ... aller zeug, darauß zihngeschirr, es seyen kanten, flaschen ... gemacht oder gewerckt, anders nicht gegossen, gemischt oder verarbeitet werden, es habe dann die 2 grad, nemlich unter 9 pfund lautters zihn, 1 pfund bley, oder unter 4 pfund lautter zihn 1 pfund bley gemischt
    1713 Reyscher,Ges. XIII 930
  • soll ... aller zeug / darauß in unsern fuͤrstenthummen und landen zinn-geschirr / es seyen kannten / flaͤschen ... anders nicht gegossen / gemischt oder verarbeitet werden / dann auf nachfolgende zwey unterschiedliche grad
    1715 BadLO. 183
  • es soll ... keiner kein kanten oder ander zinn-geschirr flicken / dann mit einem loth / daß dem gehalt desselben wercks gemeß / und nicht ringer seye / bey straff viertzig acht creutzer
    1715 BadLO. 185
A I 2 die amtliche Schau betreffend (Probzeichen)
  • ist durch ein ersamen rath erkannt, ... das er [auswärtiger Kannengießer] ... alle ... geschierr, es sey kanten, platten ... vf die prob vnd schaw ... machen sollen
    nach 1477 FreiburgZftO. 15
A I 3 das Umgießen gezeichneter und den Ankauf ungezeichneter Kannen betreffend
  • keiner [kantengiesser] soll auch einich kanten ... das mit eines burgers, oder eines andern zeichen gemerckt, sofer jhme das zeichen bekannt ist, vergiessen, dann mit desselben wissen
    1559 wie 1621 WürtLO. 1621 S. 794
  • weder er [kantengiesser] noch sein gesind, kanten ... daran das zeichen abgethan, oder ... zusammen geschlagen waͤr, nicht kauffen ... sollen
    1713 Reyscher,Ges. XIII 931
  • 1715 BadLO. 186
  • 1715 BadLO. 187
A I 4
den Lohn für Kantengießer und den Verkaufspreis für 1Kanten betreffend
  • ein ersamer rat diser statt hat ... geordnet, das ... die kannengiesser ... verkaufen sollen ... die arbeit, so lauter zinn helt, kanten oder platten, das pfund nit höher dann vmb 3 schilling 6 pfening
    1562 FreiburgZftO. 18
  • zu lohn geben an ... kanten und flaschen ... vom pfund 7 kr.
    1713 Reyscher,Ges. XIII 931
A I 5 im Zunftleben

A I 5 a bei der Begleitung scheidender Handwerksgesellen
  • es solle auch kain handwerchsgesell den anndern außbeglaitten ... es waͤre dann / das sich jhe aines gesellen wegziehen / an ainem feyrtag begaͤb / ob sy jne dann beglaitten wellen / das moͤgen sy thuen / doch ohne schannckung vnnd vortragung / der kandten 
    TirolPolO. 1573 Bl. 27b
A I 5 b als Gegenstand, mit dem unter den Gesellen Ruhe geboten wird
  • so die maister [beim gemaine gepott] uff die kanden schlugen und still schweigen hiesen und zwaimal uff die kant geschlagen were, ainer nit still schwige, da soll ein ider uberfahrer ... von idem stuck zwolff pfennig zur peene verloren haben
    1574 FrankfZftUrk. I 445
A I 5 c im Handwerksbrauch
  • 4 pfund 6 pfennig für ein kandten so der schieferdecker bei wieder aufrichtung des knopfs vfm kirchthurm, die er handwercks brauch nach glücks halben herab geworffen, bezalt
    1615 Fischer,FrkHdw. 95
  • 1652 Fischer,FrkHdw. 95
A II bei Abgaben, Geschenken und Entlohnungen
  • den vier herren geschenckt ieglichem ... zwo silberin kanten, da in aine gat 8 maß weins
    1458 AugsbChr. III 129
  • Johans ynme raitzkelre, synen [loyn] zu myessigen ind die kantten zo geven in die hospitaille, as van alders gewoenlich is
    1481 KölnAkten I 473
  • 2 lb. 4 ß vmb 4 kanntten wein vnd zetragen, geschannckt dem pfleger von M.
    1490 AugsbChr. V 349
  • 1496 AugsbChr. V 67 Anm. 3
  • schanckt im der A.W. ... 2 kannten mit gůttem wein über alle die schmach, die ir [seiner Ehefrau] widerfaren was
    1513 AugsbChr. V 20
  • hat man den frembden so in der gesellschafft [Ravensburger Handelsgesellschaft] stehen ... geschenkt 16 kanten [Wein] 1 pfund 4 schilling pfennig
    1525 SchrBodensee 38 (1909) 53
  • ist dem Laurentio, einem cardinal, des bapsts pottschafft ... 32 kandten mit wein ... geschenckt worden
    1530 AugsbChr. V 407
  • [unter den im erbzinse zu leistenden victualien] kanten wein
    1788 Thomas,FuldPrR. I 267
A III im höfischen Aufwartedienst
  • wir [Pfalzgraf] wellen auch, das die flaschen, kanten, auch ander trinckgeschir, so in des kellners verwalltung sein sollen ..., auch ... inventirt werden
    1526 Kurpfalz/Kern,HofO. II 174
  • dem salheren sollen auf der hoffstuben alle zinnen becken, ... kanten, leuchter ... zugezalt und mit einem inventarien uberantwortet werden, darvon derselbig alle halbjar rechenschafft thun soll
    Mitte 16. Jh. Braunschweig/Kern,HofO. II 10
  • wen das erste eßen auß der kuchen auf die hofstuben getragen ist, alßdan soll er in den kanten das trincken auf die hoffstuben vor das gemeine hoffgesinde tragen
    Mitte 16. Jh. Braunschweig/Kern,HofO. II 12
  • auf kanten, glese etc. wollin wir [Herzog] auf weinachten und pfingsten geben laßen 15 gld., ... des sollin marschalck, vogt und kuchenmeister die glese und kanten ... bestellen und verschaffen und dargegen alsdann die bezalung innehmen
    um 1550 Braunschweig/Kern,HofO. II 19
  • er [keller] soll auch der bender fleschen, kanthen, becher und ander drinckgeschir, so er under handen hatt, sauber ... haltten
    oJ. (um 1561) Hanau/Kern,HofO. II 97
A IV in Polizeivorschriften

A IV 1 als Waffe bei Körperverletzung
  • zugt er vtz gen dem andern fräuenlich, ez sien messer ... kantha ... ald was er zugt, wirt daz ... kuntbar vor geriht, der fräuelt mit iii lb. d.
    15. Jh. Sigmaringen/MittHohenzollern 1 (1867/68) 74
  • welcher ... deller, kandten oder gläser ergriff und nit würft oder schlagt, zehen pfundt häller, der aber würft oder schlagt und nit höch- oder schädlich verwundet, fünf pfundt häller
    1592 VillingenStR. 192
  • 1668 VillingenStR. 207
A IV 2 Verbot der Sachbeschädigung
  • wir ... befehlen, daß ... das junge gesind bei den daͤnzen ... unterlaßen ... dem wirth die kannten, kruͤg und glaͤßer ... [zu] verbrechen ... bei nahmhaffter straf
    1680 Adelmannsfelden/Mader,ReichsrMag. IX 364
B insbesondere als Maß

B I als Hohlmaß für Flüssigkeiten, vor allem Bier und Wein, örtlich von verschiedener Größe

B I 1 Gebot der Eichung auf vorgeschriebenes Maß in obrigkeitlichen Vorschriften oder Zunftartikeln; Bestrafung falschen Maßes
  • wer da wein gibt vnd zapffet, der sal einem iglichen in seine kande ... die gezeichnet oder geeychnet ... lassen seinen wein
    1351 ErfurtZuchtbf. 103
  • waß sy [kantengiesser] kanten machen die hie in die statt gehörent ... in die alle, das ychzaichen machen sullen
    1445 WürtVjh. 7 (1884) 276
  • soll ein ieglicher würth seine kanndten bringen in das jhargeding, die soll man besehen, ob sie gerecht sindt. seindt sie dan nit gerecht, so ist er die busß verfallen dem gericht
    nach 1485 PfälzW. I 224
  • keiner soll auch inn kein kannten, kopff oder annder geschirr kein eichnagel machen oder die mit der eich bezeichnen, dasselbig sey dann durch in oder die geschwornen eicher mit der geschwornnen eich angegossen vnnd geeicht
    Anfang 16. Jh. Rummer,Pforzheim 163
  • hat ain ersamer rat ain fächter verordnet, welher die kannten ... wurt fächten und mit der statt zaichen bezaichnen
    wohl um 1528 KonstanzWirtschR. 21
  • wan eyner kanden zu ichen hait, sal der schulteiß ... im ichen ... darvon iszt er dem gericht schuldig von eyner maysszkanden iiii dn.
    um 1532 PfälzW. I 274
  • die ander kembten sollen auch geeucht sein nach der statt Nördlingen eich
    1575 WürtLändlRQ. I 186
  • weisen die schöffen allen denjhenigen, so feylkaufft treiben zu Edenkoben, das sie ir gerecht masz sollen haben, die ein gericht geeucht habe ... ein wirt sein ganz und halb masz, auch schoben, kandt und sein gezepte krüg
    1593 Wasserschleben,RQ. 250
  • hat ain ersamer rath und gericht zu Bregenz im ganzen statgericht die falschen massen in den würts und schenckhäußern besichtiget und bei S.E. ... alle kanten zu clain befunden, der ist ... deswegen also gestrafft worden
    1609 ArchVorarlb. 12 (1916) 42
  • wann ein kandten von den angießern zu gering erkannt, vnd ein nagel abgeschnitten wirdt, soll der wirth dieselbe in einem monat wieder nageln laßen bey straff 1/2 fl.
    1620 Rothenburg o.T./ZKulturg. 8 (1901) 179
  • [alle Bürger sollen] ihre gewichter, ehl, kandten und maß nach solchen [richtigen Maßen] abziehen und mit dem stattzeichen bezeichnen laßen
    1664 Weilburg/AnnNassau 36 (1906) 66
  • in geaichten und gerechten kanten auf den tisch tun
    1664 SchwäbWB. IV 195
  • keiner soll auch, in keinen kanten, kopff, oder andere geschirr, kein eychnagel machen, oder die mit der eych bezeichnen, dasselbig sey dann durch die geschwohrne eycher, geychen, und also der geschwohrnen eych nach gemacht, bey poͤn einer kleinen frevel
    1713 Reyscher,Ges. XIII 932
  • soll ... keiner in kein kanten ... keinen eichnagel machen / oder die mit der sich bezeichnen / dasselb sey dann durch ihne oder die geschwornen eicher mit der geschwornen eich angegossen und gericht ... bey straff zwey gulden
    1715 BadLO. 187
  • gastgeber und wirthe, deren maaß, schoppen, kanten, kruͤg, glaͤser, und andere geschirr zu geringhaltig um einen halben schoppen, sollen gestraft werden mit zehen gulden, um ein viertel schoppen, mit fuͤnf gulden, um ein achttheil schoppen, mit zwey gulden dreysig kreuzer, um ein klein kelchglaͤßlein, mit einem gulden
    1728 SammlBadDurlach III 222
  • wer abgefächte und geöhmbte starr, kanten, waag und gwicht haben will, und diese zu halten berechtiget ist, dieselbe sollen diese zu gemainer statt [Kufstein] rathhauß bringen, alldort gegen der gebühr abfächten, öhmen und mit dem stattzeichen märchen lassen
    18. Jh. Tirol/ÖW. II 48
  • von den kannten ze fächten von jedem zäpfli, das er [fechter] drin macht, 1 d.
    oJ. KonstanzWirtschR. 49
B I 2
Angabe von Maßeinheiten
  • zwo silberin kanten, da in aine gat 8 maß weins
    1458 AugsbChr. III 129
B II als Flachsmaß
C übertragen für Wirtshaus
unter Ausschluss der Schreibform(en):
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