Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): Kanzleilehen

Kanzleilehen

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Sachhinweis: K. S. Zachariä, Hdb. des kgl. sächs. Lehnrechts2 (1823) 341-354; Fr. Holtze, Z. Gesch. der kurmärkischen Lehnskanzlei im 16.Jh./ForschBrandenbPr. 6 (1893) 57-81; Lenaerts, Jülich Mannk. 27-30, 43f., 48-53, 57-62, 72f., 79-83, 85f., 102f., 109-112, 126f., 133, 139; M. Hofmann, D. Außenbehörden des Hochstifts Bamberg .../JbFrkLf. 1 (1935) 74; Lütge,MdGrdh.2 41

I ein bäuerliches Lehen, auch ein als Lehen verliehenes Gericht, in Bayern ein mit Gerichtsbarkeit verbundenes Landgut, das von einer Kanzlei als Behörde oder als ausführendes Organ einer Person oder einer anderen Behörde (zB. Lehnkurie, Lehnshof) ausgegeben wird; erst seit dem späten 16. Jh. nachweisbar (ältester Beleg: 1591 FrkBl. 10 (1958) 76)

I 1 zum Begriff
  • cantzeleylehn, feudum cancellariatus
    1738 Hayme 72
  • kanzelleylehen ... ein schriftsässiges lehen, welches von der lehenskanzelley beliehen wird; zum unterschiede von amtslehen, afterlehen
    1775 Adelung II 1498
  • die ... ritt- und bratlehen ... gehoͤren ..., ungeachtet ihre besitzer blose bauern sind, noch ... nicht sowohl blos zur fuldischen emphyteusis als vielmehr hauptsaͤchlich zum fuldischen feudalsisteme und werden daher als sogenannte kanzleilehen angesehen
    1788 Thomas,FuldPrR. I 291
  • manche landesherrliche erblehngerichte werden von der lehnscurie zu Dresden verliehen; die meisten aber gehen bey den aemtern zu lehen. daher theilt man sie in canzley-lehne und in amtslehne
    C.H.v. Römer, Staatsrecht ... des Churfürstentums Sachsen ... III (1792) 196
  • 1804 Krünitz,Enzykl. 69 S. 259
  • kuͤnftig bestehen keine andere lehen als: mann-lehen der krone ... diese werden a) entweder von dem koͤnig selbst verliehen, und heissen thron-lehen, oder b) im namen des koͤnigs von dem obersten lehenhofe, und heissen kanzlei-lehen ... als kanzlei-lehen koͤnnen solche landguͤter bestehen, welche mit eigenen gerichten versehen sind
    1808 VerfBaiern I Beil. VI p. 141
  • 1817 Klüber,ÖffRecht 760 Anm. a
  • kanzleylehen, ... lehnbare landgüter, welche ... mit gutsherrlichen gerichten verbunden sind. solche lehen dürfen nicht in freyes eigenthum umgewandelt werden
    1827 Rudhart,Finanzverw. 58
I 2 Einzelheiten zu Verleihung, Verwaltung, Gerichtsbarkeit, Besteuerung usf.
  • zu beobachten, daß, wenn unmündige etwan wichtige kanzelei- oder mann lehen hätten, ob nicht zu deren mitverwaltung oder zum wenigsten etwan zur mitaufsicht ... ein qualificirter mitbelehnter oder in mangel dessen ein ander ... gefreundter ... zuzuordnen
    1651 Sachsen-Gotha/QNPrivatR. II 1 S. 669
  • diejenige aber, welche cancelley- und mann-lehen besitzen, nach seitheriger observanz mit den suchenden consensen zum lehenhof hierher verwiesen [werden]
    1721 CCBrandenbCulmb. II 1 S. 244
  • so oft sich durch todes- kauf- tausch- theilungs- oder andere faͤlle zutraͤgt, daß eine veraͤnderung der person an seiten des lehen-manns vorgehet, soll der successor schuldig seyn, solche veraͤnderung ... binnen monats-frist ... bey unserer cancelley, daferne nemlich das lehen canzley- mann- oder ... gemein-lehen, oder aber bey unserm amte, wohin es lehnbar ist, anzuzeigen und um die verleihung gegen praͤstation der praestandorum geziemend anzusuchen
    1722 CCBrandenbCulmb. II 1 S. 196
  • [Bauerngüter,] welche theils den aemtern, theils dem lehenhofe lehenbar waren und im letztern falle canzleilehen genannt wurden
    18. Jh. ArchOFrk. 3, 3 (1847) 115
  • sollen alle arten von kanzley-lehne in beyden fraͤnkischen fuͤrstenthuͤmern, selbst mit einschluß der patrizier und honoratioren lehen, der gerichtsbarkeit der untergerichte, insofern sie nicht solcher bereits untergeordnet sind, von nun an subordiniret werden
    1800 NCCPruss. X 2942
  • die belehnung mit den kanzlei-lehen wird von dem minister der auswaͤrtigen angelegenheiten oder ... durch einen kommissaͤr bei dem obersten lehen-hofe vorgenommen
    1808 VerfBaiern I Beil. VI 146
  • alle belehnungen mit kanzlei-lehen werden bei dem obersten lehenhofe vorgenommen ... alle belehnungs-gebuͤhren und geheimen kanzlei-taxen von allen thron- und kanzlei-lehen werden von dem taxationsamte des obersten lehenhofes eingehoben
    1818 VerfBaiern I Beil. VI 169f.
  • das lehnherrliche eigenthum daruͤber [über die bauernlehnen] steht entweder dem koͤnig von Sachsen oder andern privatpersonen, z.b. rittergutsbesitzern, staͤdten und kirchen zu. die erstern sind wieder von einer doppelten art, sie sind entweder canzley- oder amtslehne; jene werden von der lehnscurie verliehen, welche auch die streitige oder willkuͤhrliche lehngerichtsbarkeit uͤber sie ausuͤbt, uͤber diese uͤbt das amt, unter dessen gerichtsbarkeit sie stehen, die rechte des lehnherrn aus. [dazu Anm.:] wegen der canzleylehne muß also 1) die bestellung eines lehnsvormundes, 2) die bestaͤtigung der kaͤufe und hypotheken, 3) die execution in das lehn bei der lehnscurie ausgebracht werden ... uebrigens sind die canzleylehne in allen die lehngerichtsbarkeit nicht angehenden sachen amtsaͤssig
    K.S. Zachariä, Handbuch des königlich sächsischen Lehnrechts2 (1823) 341
  • die canzleylehne in der regel ungeschworne lehne sind ... bei den canzleylehnen kein besonderer lehnbrief, sondern nur ein canzleyschein ausgefertigt wird
    K.S. Zachariä, Handbuch des königlich sächsischen Lehnrechts2 (1823) 346
  • wegen der veraͤußerung eines kanzleylehns communiciert jederzeit die landesregierung mit dem geheimen finanzcollegio ... die veraͤußerung ... an einen dritten pflegt ... gegen ein gewisses bezeigungsquantum gestattet zu werden
    K.S. Zachariä, Handbuch des königlich sächsischen Lehnrechts2 (1823) 350 Anm. 1 [ebd. 2 zu § 15]
  • 1836 PreußSächsProvR. I 15
  • koͤnigliche unmittelbare bauerlehne werden, je nachdem sie kanzlei- oder amtslehne sind, im ersten fall von dem oberlandesgericht, als lehnhof, im letzten fall von der regierung, als domaͤnenbehoͤrde, entweder unmittelbar oder durch delegirte unterbehoͤrden verliehen
    1836 PreußSächsProvR. I 137
  • PreußSächsProvR. I 136
  • PreußSächsProvR. I 375
  • PreußSächsProvR. I 383
II

II 1 versprochenes Lehen
  • kanzeleylehn / promissio feudi
    1691 Stieler 1126
  • canzley-lehen ... feudum cancellariae; promissio feudi, pactum seu contractus feudalis, da der lehns-herr verspricht, einen, der ein lehn gehabt, widerum einmahl praestitis praestandis, wann es offen werde, dazu gelangen zu lassen
    1741 Frisch I 164
II 2 anwartschaftliches Lehen eines Nichtbürgers in Halle (Sachsen)
  • cantzeleylehen heist zu Halle beym thale, wenn der landesfuͤrst aus erheblichen ursachen bey der cantzley einige, so nicht haͤllische buͤrger, sondern auswaͤrtig sind, gegen entrichtung derer lehn-waaren mit thalguͤtern belehnet und daruͤber lehn-briefe ausstellet. doch koͤnnen sie solche thal-guͤther nicht selbst besitzen, noch genuͤssen, sondern muͤssen das commodum possessionis sammt denen nutzungen ihren mitbelehnten, so zu Halle wohnen und in der lehntafel stehen, alleine lassen. wenn sie aber nachhero zu Halle buͤrger worden und sich mit hauß und hof legitimiren und die lehn-waare noch einmahl abstatten, werden sie vor der lehn-tafel ebenfalls beliehen und ins wachs geschrieben
    1733 Zedler V 603
  • wann der lands-fuͤrst bey der canzley zu Halle in Sachsen einige, so nicht haͤllische buͤrger, gegen entrichtung der lehnwar mit tahl-guͤtern beleihet, welches man canzley-lehen heisset, so koͤnnen sie die lehen doch nicht selbst besitzen, es ist nur eine anwartung, ihre mitbelehnte in die lehntaffel haben das commodum possessionis, bis sie etwan selbsten buͤrger zu Halle werden und daselbst wohnen
    1741 Frisch I 164
  • 1808 Campe II 884
  • oJ. DWB. V 180
unter Ausschluss der Schreibform(en):