Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): Malefiz/malefiz

Malefiz

, n. u. f., für Personen auch m.

mala-, mali-, mallen-, -fitz, -fits, -vici, aus lateinisch maleficium "Missetat, Zauberei"; seit der 2. Hälfte des 13. Jh.s im Oberdeutschen belegt, im Westmitteldeutschen später und seltener

I Kapitalverbrechen, ein einzelner schwerer Rechtsbruch wie auch die Gesamtheit der unter die Hochgerichtsbarkeit fallenden Verbrechen; Malefiz auf j. bringen j. eines Kapitalverbrechens beschuldigen; den Malefiz von sich weisen den Verdacht eines Kapitalverbrechens zurückweisen; das Malefiz übertreten ein Verbrechen begehen
  • daz dhain ander ân uns ... über sie [privilegierte Gemeinde] dhain gericht thuen tun, nur allein den wir mit irm rat ... von maleficz wegen zu strafen ... darüber ordnen
    1304 Tirol/ÖW. V 184
  • daz man in dem gericht zu W. kain gesessnen man nit vachen soll, dann umb malefiz allain
    1338 Tirol/ÖW. V 204
  • umb malefitz und umb frävel
    1380 Tirol/ÖW. V 28
  • so vnser gnaͤdiger her das malefitz berechten wil, das stat in den alten rechten
    14. Jh. MHohenberg 924
  • die drey sachen, die den tod beruerent, genant das malefitz 
    1418 Tirol/ArchÖG. 107 (1926) 57
  • da er unzucht oder malefiz begangen ... hat
    1436 Tirol/ÖW. III 317
  • von der malefiz und ander grober unzucht wegen soll di straff beschehen nach gelegenheit der sachen
    1478 Steiermark/ÖW. VI 32
  • als verr ... malefitz auf mich pracht wurdt, so wirdt mich sein [des gruntherren] gnad in das lantgericht zu vertrag wol schaffen
    1493/1523 Oberösterreich/ÖW. XIV 215
  • 1497 VerhNdBayern 39 (1903) 79
  • als etlich ... gericht nit über die malefitz noch das plut zurichten haben. sonnder die übeltätter oder malefitz person in annder gericht überantwurten
    1499 TirolHGO.(Schmidt) 109
  • um 1500 Summa legum 163
  • denn sy [obligation] entweders vß contracten sind, ... oder sy sindt vß malefitzen, oder so vil alß vß malefitzen 
    1520 Murner,Inst. 91r [ebd. 117r u. 125v]
  • 1520 ÜberlingenStR. 333
  • 1521 Oberösterreich/ÖW. XIV 333
  • wen einer den andren siner eren schiltet ... ist die bůß siben vnd zwentzig pfund, es wurde dan mit recht für ein malefitz, nemlich das leben verwuͥrckt, erkent
    1536 ArgauLsch. III 178
  • vnnser ... oberste grunds- vnnd geriechtzshernn, zu riechttenn vber alle maliuitz, diebp, dupin, vber hals vnnd bein, vnnd alles, das zu riechttenn straffbar vnd rugkbar ist
    vor 1537 PfälzW. II 609
  • 1546 Perneder,Inst.(1546) 117v
  • so ainer das malefitz übertritt, der sol nach begangner tat nach malefitzischer recht gestrafft werden
    1553 WürtLändlRQ. III 661
  • der beclagt das malafiz ab im wiß
    1556 Oberösterreich/ÖW. XIII 432
  • 1556/58 Walther,Trakt.(Ri.) 135
  • diewyl das wort malefitz ein straffwürdige gethat gedüt
    1574 BernStR. IV 2 S. 897
  • daß ir ... mügend richten über das bluot und mallenfitz 
    Anfang 17. Jh. Vorarlberg/ÖW. XVIII 340
  • wie man richten soll vmb thodschleg, diebstal vnd andere malefitz 
    1607 LenzburgStR. 319
  • 1624 Steiermark/ÖW. X 77
  • 1715 MurtenStR. 537
  • 1738 GasterLsch. 203
  • 1777 Adelung III 331
II
metonymisch zu Malefiz (I): das Recht zur Aburteilung von Kapitalverbrechen, offen zu Malefiz (V) 
  • ist mir R. die vogtey zetail geuallen ... mit allen den rechten die darzu gehorn mit gericht ... mit maleuitz 
    1260/15. Jh. BrixenUrk. I 673
  • um 1400 Tirol/ÖW. XVII 83
  • herzog L. hat das malefiz in dem Zillerstal
    1459 Tirol/ArchÖG. 107 (1926) 145 Anm. 6
  • 1468 SGallenOffn. I 442
  • so lang unser ... herren des landgerichts und malefitzes regierung mit ain anderen haben
    1500 ZSchweizR. 1 (1852) RQ. I 51
  • welcher nit malefitz hat, der sol den thaͤter an das hoͤher gericht antwurten
    TirolLO. 1526 fol. h vjr
  • 1559 SGallenAbteiRQ. II 1 S. 296
  • 1574 WürtLändlRQ. III 454
  • welche landtstaͤndt ... das malefitz haben, die sollen jhre aigne malefitz richter halten, welche bey dem landsfuͤrsten den bluetbann empfangen
    BairLR. 1616 S. 796
  • in allen keyserlichen ... lehenbrieffen die cent, malefitz vnnd blutban, als separatae jurisdictionis species, separatim verliehen
    1618 WertheimGegenber. I 312
  • Churpfalz [hat] das jus episcopale, malefiz, hohe und niedere gebot, hohe oder große frefel
    1684 BadW. 222 Anm. 1
  • die des malefitz berechtigte staͤnde
    1750 Kreittmayr 5
  • 1777 Adelung III 331
III metonymisch zu Malefiz (VII), offen zu Malefiz (I): Zuständigkeit des Hochgerichts 
  • was solche sachen berüert, das nit in malefitz oder unzucht trifft, das sollen si für ainen probst bringen
    2. Hälfte 14. Jh. Tirol/ÖW. II 207
  • alle bot verbot vnd fraͤfflen clain vnd gros vsserthalb des malefitz gehört alles vnserm genädigen herren das halb tail
    14. Jh. MHohenberg 923
  • [Fälle,] die das pluet vnd malefiz berurn
    1431 Bayern/FestgBosl 64
  • es mag dhain gast den andern im gericht hefften, es wer dann sach, das es antref das malafitz 
    1469 SGallenOffn. I 17
  • 1489 Oberösterreich/ÖW. XIV 364
  • [Überschrift:] etlich ordnung der recht ausserhalb der malefitz 
    1499 Schmidt,MaxHGO. 112
  • vorbehalten dreierlai sachen: dreu, eer und das pluet, das die malefitz berueret
    Anfang 16. Jh. Steiermark/ÖW. VI 35
  • dieweil ... merenthails in tewtschen landen der prauch ist, daz von urtailen, die malefitz berueren, nit appelliert wirdet
    1526 Leiser,Strafgerichtsb. 194
  • 1553 FerdBO. 177
  • 1572 AarauStR. 257
  • um 1600 WürtLändlRQ. II 342
  • Anfang 17. Jh. Vorarlberg/ÖW. XVIII 342
  • 1618 Oberösterreich/ÖW. XIII 441
  • grobe frevel, die in die malefitz einlauffen und folglich schwaͤrere strafen als eine gelt-buß oder leistung auf sich haben
    1761 BernStR. VII 2 S. 1030
  • 1787 BernStR. VI 2 S. 804
IV im prädikativen und adverbialen Gebrauch
Rechtssache, die vor das Hochgericht (III 1), Malefiz (VII) gehört
  • [wenn] die lest urtail uber ainen armen venglichen mensch, daruber das recht in malafiz volfürt wirt, ... zu dem tod gevelt
    um 1440 Tirol/ÖW. IV 8
  • 1499 TirolHGO.(Schmidt) 110
  • Anfang 16. Jh. Tirol/ÖW. V 220
  • das die selben hendel ... nit fúr malefitz erkhennt werden
    1542 HeiligkreuztalUB. II 452
  • [Gerichtsstand in] verbrechen, die als malefitz gestrafft werden moͤgen
    1546 Perneder,Proz. 7v
  • welche injuri dahin geschaffen, daß sie allein auß hiz und zorn ... beschechen, sollen dieselben nicht für malefiz geacht [werden]
    1578 Oberösterreich/ÖW. XIV 140
  • 2. Hälfte 16. Jh. Steiermark/ÖW. X 253
  • die hiernach gesetzten fähl als malefiz in die landvogtei ... gehören sollen, namlichen: mörderey, todschläg, todschläg helfen begehen, sodomiterei, hexerei, selbst eigene entleibung, blutschand im anderen grad und näher, und so einer einer bösen tat halber, die leib und leben berührte, landsflüchtig wurde, notzwang, so offenbar und erwiesen, frefentlicher diebstal mit bösem vorsatz und sich über zehen gulden belauft, falscher eid, so fürsetzlicher weis und wüssentlich beschicht, vatter und muter schlagen fürsetzlich, darbei kein unsinnigkeit
    1669 GasterLsch. 141
V Aburteilung vor dem Hochgericht 
  • do der thumprobst ... und auch der vogt zu gericht sitzen in diesem hoff und ... es an das malefiz got, ist das gericht des blutes, da sol der tumprobst uffston und dem vogt gebieten, recht gericht zu haben
    1483 Burckhardt,Hofr. 102
  • wie das malefiz mit beschlossner thür volfüert und das die gschwornen, wie die üblthäter gericht werden, erkennen sollen
    Mitte 16. Jh. Tirol/ÖW. V 674
  • 1628/29 PfälzW. II 791
  • oJ. Montfort 1 (1946) 10 Anm. 6
VI Folter während des Strafverfahrens
VII Hochgericht (III), Gericht, das über das Malefiz (I) richten darf; metonymisch dazu auch die Gerichtsversammlung, der Gerichtstag oder der Ort des Gerichts
  • sind di purger pflichtig ze komen zu ainer ieglichen hofurtail, zu allen malefici, zu allen gastrechten und statrechten, wen man darzu berueft
    um 1400 Tirol/ÖW. V 421
  • 1436 Tirol/ÖW. III 319
  • um 1440 Tirol/ÖW. IV 7
  • ob man in irrung wêr, ob er fur das malefitz gehört
    1474 Tirol/ÖW. V 447
  • wan aber einer verhandlete, das es im sein ehr, leib vnd leben berührte, dan sol das selbige dem malefiz zu straffen zustehen
    1501 Pupikofer II 46
  • wir freien alle bergleut, ausgenommen übelthäter und die das m[alefiz] angetast hat
    1530/69 SchweizId. IV 167
  • 1. Hälfte 16. Jh. Tirol/ÖW. II 179
  • TirolLO. 1573 VIII 31
  • verordnung deren richter, so das malefitz besitzen sollen
    um 1621 Leiser,Strafgerichtsb. 249
  • 1630 LaufenburgStR. 239
VIII Strafe für ein Hochgerichtsvergehen, insbesondere in der Wendung das (ein) Malefiz auf sich tragen (haben), von Missetaten gesagt: ,malefizisch sein, peinliche Strafe nach sich ziehend"
  • umb einen frevel, ... der kein malefiz noch penlikeit uf im trüge
    1491 NeuenburgStR. 76
  • würdt ainer hie im markt ... begriffen, der ain diepstall oder ander unerber sach auf im het, das malafitz auf im hiet
    1521 Oberösterreich/ÖW. XIV 327
  • 1532 Oberösterreich/ÖW. XIII 14
  • mainaidig gotslesterung, die so beschwaͤrlich und gross beschech, das die mit dem malefitz gestraft werden moͤcht
    1542 WürtLändlRQ. III 537
  • welcher ein eyd übersicht oder übertrittet, sol mit dem malefitz gestraft werden
    2. Hälfte 16. Jh. KonolfingenLGR. 314
  • daß der richter keinen burger in sein hauß greifen soll, außgenommen, ... das ein verbrechen das malefiz auf ihme tragen tette
    1679 Oberösterreich/ÖW. XII 32
IX
Einnahmen, Strafgefälle aus dem Hochgerichtsverfahren
  • 1525 EidgAbsch. IV 1 a S. 699f. [urk.?]
  • [Überschrift:] wie die bůssen geteilt sond werden, one das malefitz 
    1564 GasterLsch. 49
  • weilen die strafen und fräfel, außert malefitz, ... halber teil der herrschaft und halber teil den landleüten ... zuständig seien
    1723 GasterLsch. 168
X Straftäter, Verbrecher
  • [der Pfarrer bekennt:] von der maleficz wegen, dy leiblos wärn worden in der pfarr ..., da schikt ich zu dem edlen H.H. ..., das er mir erlaubet den toten leichnam bestatten zu dem freythoff
    1437 Tirol/ArchÖG. 107 (1926) 194
  • 1638 Steiermark/ÖW. X 247
unter Ausschluss der Schreibform(en):
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malefiz

, adj.

wie malefizisch (I) 
  • so ein person ... mit malefitzen sachen oder hendln beschriren ist worden
    Anfang 16. Jh. Tirol/ÖW. V 567
unter Ausschluss der Schreibform(en):
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