Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): nöten

nöten

, v.

mhd. n&oe.ten, nōten, mnd. nōden, ahd. nōten, alts. nōdian, afries. nēda, ae. nīdan, nēadian, part. prät. genöt(et) eventuell auch zu genöten 

I wie nötigen (I) 
  • gif ðu fioh to borge selle þinum geferan, þe mid þe eardian wille, ne niede ðu hine swa awa niedling [wenn du deinem Gefährten, der bei dir wohnen mag, Geld zur Leihe gibst, so dränge du ihn nicht so wie einen Sklaven] 
    871/901 Liebermann,AgsG. 38
  • nu allero manno calih, der christani sin uuelle, de galaupa iauh daz frono gapet alleru ilungu ille calirnen iauh de kaleren, de er ur tauffi intfahe, daz er za sonatage niuuerde canaotit radia urgepan
    9. Jh. KlAhdSprDm. 51
  • gyf hlaford his þeowan freolsdæge nyde to weorce, þolige þæs þeowan [wenn ein Herr seinen Sklaven am Feiertage zur Arbeit zwingt, verliere er den Sklaven] 
    um 1027 Liebermann,AgsG. 342
  • na nyde man naðer ne wif ne mæden to þam, þe hyre sylfre mislicie [weder eine (verwitwete) Frau noch eine Jungfrau werde gezwungen zu dem (Manne), der ihr selbst mißfällt] 
    um 1027 Liebermann,AgsG. 360
  • gif he þonne þa stale agyfan mæge. ne neadige hine man to fæstene. ac do him man forgifnysse for godes lufan
    Mitte 11. Jh. Thorpe,Laws 380
  • invitus genoteter vel ungerner
    12. Jh. SummHeinrici II 342
  • ist daz ein man ein leibgedinge gewinnet zwain leiben oder zů mer leiben ... wil er auch daz gůt anwerden. der ez da gewunnen hat. die leib mugen in irren niht. er noͤt si mit gerichte daz si muͤzzen dem herren die leibgeding auf geben
    um 1275 Dsp.(Eckh.1971) LR. Art. 36 § 3
  • vmbe dheiner hande vngerichte sol man auf haben dorf paw. ez ensei daz da maget oder weip inne genotzoget werde. oder genoͤtet werde in gefuͤret da sol man vber richten
    um 1275 Dsp.(Eckh.1971) LR. Art. 197 § 1
  • swer man oder wip in vancnvsse bringet. der sol in ze rehte die spise drinne geben. tvͦt er des niht in sol der rihtær noͤten 
    um 1275 Schwsp.(Langform Z) LR. Art. (L.) 352
  • die herrn schuͤllen auch die chnechte niht noͤten dhaines dienstes der wider got ist
    1275/76 Königebuch/Dsp.(Eckh.1971) S. 183
  • beschiht oͮch daz, daz die ... koͮfer ... ieman noͤtet ... [umbe] daz ... gůt ..., so son sich die ... buͥrgen alle antwuͥrten ze rehter giselscheft
    1294 SalemUB. II 457
  • swer den andern anspricht, er hab ... swert gegen im gefuret, mag diser daz bringen, daz er in sin genoettet hab mit blozzer wer, daz er sich sin wern muest, so sol der, der diu schuld da hab, dem rihtaer baidiu wandel geben
    1299 PassauStR. 176
  • das ich ... in [Eigenmann], die wile er ir kneht ist, nit noͤten sol mit stuͥre
    1299 ZürichUB. VII 99
  • wer ouch, das deheinem burger umb unfuoge, die er einem pfaffen hête getân, duͥ stat wurde verbotten und in der rat nit getwingen moͤhte, den sol der pfaffe noͤten, swa er in genoͤten mag
    1304 ZürichUB. VIII 15
  • ob einer erchant ein beib, die ein mon hat, mit irem gunst vnd willen, vnd daz sy dar zw nit genotet wurd
    vor 1307? Tomaschek,Trient 122
  • das nieman dheinen irn burger manen und noͤten sol ze leysten ... in ir stat
    1330 SchlettstStR. 27
  • es sol auch kain vnser ambtmann kainen burger auss der stat vmb kainerlai sach noch ansprach nicht notten auf ain ander schrann, wann vmb aigen oder vmb lehen
    1332/1554 Neuburg aD.StR. 249
  • swer den gelt ein nimpt hat vollen gewalt vnz ze nöten an alz recht. mit zv sperren mit pfantung auzzer hauzz vnd darinne
    1334 MBoica XVIII 134
  • hat in aber her G. umb ander ding icht an ze sprechenne, dar umbe sol er in noͤten mit gerichten an den stetten, da man in nach rechte noͤten sol
    1334 ZürichStB. I 61
  • wo zwen muͤllner mit vorsprechen fuͤr recht choment, und mit ainander ze chrieg werdent ... den sol man fuͤnf muͤllner dar zuo schaffen ..., und auch noͤten 
    BairLR. 1346 Art. 336
  • welher in die laistung wider iren willen verzüge den habent si gewalt ze noten vnd ze pfenden mit geriht oder aun geriht
    1352 MBoica 22 S. 327
  • wan uͥns [burger] von kuͥngen, von kaisern soͤlich genad geben ... ist, daz wir gewalt und recht haben, uff dem lande ze noͤten und ze phenden umb redlich guͥlt und umb ander redlich sache uff recht
    1376 UlmRotB. Art. 65
  • wer och noͤten wil und phenden uff dem lande und von hus gât, der sol vor gan zů dem amman ald zů zwain des râtes, erlôbend im die, so sol er noͤten 
    1382 LeutkirchStR. 30
  • [sie] wolt weder mynn noch recht suchen vnd wil daz gotzhaws angreyffen, twyngen vnd notten ... an recht
    1394 Indersdorf I 145
  • so sol man ouch kain priester hie noͤten noch verbieten, es erloub denn ain deggan, oder ez werd erklegt jn dem capitel oder mit gaistlichem gericht
    1396 MemmingenStR. 263
  • das wir in dringen und noten obir recht adir obir eyn moglichs
    1397 CDPruss. VI 46
  • auch haben wir geben vnssern purigern, daz wir ir chain notten schullen, daz er richtter sey
    1397 OÖUB. II 546
  • ob er in nicht ausrichtet auff sand jacobstag ... so scholl man in ... an chlag naͤtten mit dem wandel
    1399 WienJudenb. 108
  • swer das mort tuot in disem gerihte, der ist der stat schuldig i march silbers vnd swer in gehaltet, für das es gekündet wirt, der ist öch schuldig ainer marche, vnd sol der rât darumb nöten, vff ir ait, ob er mag vnd ob er nit genöten mag, so sol man im die stat verbieten, vntzint er der stat die buosse gerihtet
    14. Jh. MittSGallen 2 (1863) 115
  • es mag auch ein chint seinem vater noch seiner muter nichtz noͤtten an irn letzten zeiten, daz sy im geben, ez sey den ir will da pey
    14. Jh.? RegensbStat. 45
  • darum mögen sie ihn nöthen und beklagen
    1407 ZWirtFrk. 7 (1865/67) 525
  • wie niet machtich en is ende cranck of ghenodet is dat hij sine reijse seluen niet doen en mach
    1410? KampenStR. I 22
  • eyn son notet wol sinen vater mit rechte, daz her sin gůt mit ime teilen můtz, als her fůnf vnde zwinzich iar alt is
    um 1410 Schwsp.(Kurzform/Gr.) Art. 61 b (Kz2)
  • daß kein zecheneter niemants hecher nethen soll dan waß er bei seinen treüen spröchen mag waß ihme most worden ist
    1446 NÖsterr./ÖW. VIII 564
  • es soll auch kein gewerckh die arbeiter mit pfennwerthen netten 
    SchwazBergO. 1449/1756 Art. 34
  • nemant mach eme [borger] noden vor sik to swerende vnde to orsakende vorder wan bynnen der stat
    1492 FlensburgStR. Art. 14 (S. 63)
  • wie er aber tod sei, ob er vernünftiglich, besinnlich oder genött tod sei, das waiß gott wol
    15. Jh. AugsbChr. II 166
  • soͤlt [ein beschedigter] ... zu clage wider seinen willen nit genoͤt werden
    1507 BambHGO. Art. 269
  • haben ... die herren ... gut recht, mich ... zu hefften, zu pfenden, zu nöten vnd zubekümbern
    1508 SchrBodensee 9 (1878) 118
  • kain grueb sol die ander noͤtten zum veldort
    1517 MaxBO. Art. 95
  • ob ain geraisiger in den benantn umbfang kembe an ain der ime schuldig were und wolt ine unbeklagt nöten, der ist der herrschaft verfalln zwaiunddreissig phunt phening
    1527 NÖsterr./ÖW. VII 86
  • genöt ding bestant nit
    1545 Franck,Sprw./Graf u.Dietherr2 228 Anm. 32
  • darmit sy [etlich geytzig leut] die armen also noͤten, daß deren etlich jr hewßlich wesen verlassen muͤssen
    TirolLO. 1573 VI 26
  • koͤfft ock ein man ... vor eine marck ... landes up einer anderen veldt-marcke daruͤmme, dat he ere gresinge unde veldt mit sinen wylden vorheren unde vortheren wolde: so koͤnnen de naber ... ene darhenne noͤden, dat he nicht mehr up de weyde in de gemene gresinge schlan moth, alse de veldt-marcke dragen kan
    1593 JütLow.3 III 55 § 6
  • sint das unsere recht daß kain herr noch ambtman ausgenomben aines lantsfürsten kain burger auf sein grünten weder ze schezen ze steüren ze vahen noch umb kainerlei sachen ze nötten gwalt hat dan allain umb sein grunddienst
    1643 NÖsterr./ÖW. VII 576
  • auch öffent si, ob ihemand in dem gericht wär, der die leut netten wolt, mechten si darzue den richter, noch seinen ambtmann nit gehaben, so mügen si in selber fachen und dem richter antworten
    1653 Tirol/ÖW. III 357
  • wo wir ainen hinttersässen haben auf aynem grossen gut, dem er nicht (genuege) gethün mag, den haben wir ze nöten auf ain klayners, vnd ainen, der ain grössers vermöcht, den haben wir hinwider ze nöten auf das gross
    oJ. Bayern/GrW. III 638
II
einer Frau Gewalt antun, sie notzüchtigen 
  • de violento raptu feminarum, quod noden dicitur
    1162 CDAnhalt. I 339
  • lage vnde daz man vrouwen notet vnde heimsůche richtet die bůrchgraue
    1261 BreslUB. 21
  • [ein strafrechtliches Rätsel:] thi mon mei enes deis thria haweddeda dwa: mon sla ande vif neda ande stela, and ne thor fella novder liudskelde ni frana bon [ein Mann kann an einem Tage drei Hauptverbrechen begehen: einen Mann erschlagen und eine Frau vergewaltigen und stehlen, und braucht weder Brüche an das Volk noch Bannbuße an den Frana zu zahlen] 
    um 1300 HunsingoR. 46
  • in swelchis mannis burch odir hůs ein wif gevorit wirt die mit gewalt genomen ist unde genotit, ne wirt die not da von dem wibe odir von den nach volgerin mit dem geruchte nicht gekundigit, so ne schadit iz wedir dem wirte noch sinem hůse
    Anf. 14. Jh. GörlitzLR. Kap. 35 § 5
  • der weyp genotet hot vnd mayde mak man daz beweysen mit sechs mannen iz get ym an den halz
    1378 SilleinStRB. 121
  • wel ma hia neda and hiu se biwere, sa is hire bote achtendahalf merk [will man sie vergewaltigen und wehrt sie sich, so kommt ihr eine Buße von siebeneinhalb Mark zu] 
    14. Jh. EmsigerR. 60
  • man sol ouch kein wip czu geczuge nemin, ane do ein wip adir maid genotit ist, do sal man kein wip verwerfin, wi sundic se ist
    14. Jh. SspExtrav. 253
  • gef hwa nat wida jefta famna jefta others monnes wif [wenn jemand eine Witwe oder ein Mädchen oder die Frau eines anderen Mannes vergewaltigt] 
    1. Hälfte 15. Jh. FivelgoR. 36
  • wer ain frume frawen oder junkfrawen mit gewalt nötten wil und bringt si umb ir er, der ist verfallen des hals
    Mitte 15. Jh. NÖsterr./ÖW. VIII 166
  • welcher fraw oder jungfrau wider iren willen zu unkeuschheit zu nöten understehet oder die werk also bezwungenlich volbringt das die frau oder jungfrau [auf] die geschicht klagen wurt
    1585 NÖsterr./ÖW. VIII 277
  • wann aine genöth wurd, so sol si von im aufsteen mit zerfloktem har und zu dem negsten menschen ... solche sachen anzaigen
    17. Jh. Salzburg/ÖW. I 312
unter Ausschluss der Schreibform(en):
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