Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): nüchtern

nüchtern

, adj. u. adv., nüchter, adj. u. adv., nücht, adj. u. adv.

Sachhinweis: HRG.1 III 1102f.

I zeitlich im Sinne von frühmorgendlich, als Termin, zB. einer Morgensprache (I 1) 
  • wes eyn bekennet an ener hegeden nochteren morgensprake dar en mach he nicht neyn vor seggen
    15. Jh.? HannovStR. 435
  • in dem nuͤchtern stewen sint die gemeinen bruͤder eins geworden
    1509 RevalStR. II 27
  • daß er dye gemeyn lasse zusammenkommen an eynem nüchternen morgen
    Mitte 16. Jh. ZDKulturg.2 3 (1874) 505
  • soll ein ider oldermann zu rechter zeitt zu den nuchterenn stevenn denn tag zuvor verbottenn lassenn
    1578 Stieda-Mettig 475
  • daß ... die landtsgmeinden ... sollen vormitag nuͤoͤchter gehalten werden
    1585 LBAppenzIR. Art. 126
II mit leerem Magen: als Zustand, der für das Gericht und vor diesem gefordert wird; in der Bedeutung offen zu nüchtern (III) 
  • wenn man sal nuchtern richten, unde daz gericht sal ouch nuchtern geant werden
    Ende 14. Jh. GlWeichb. 255
  • so wanner eyn frygreue richten will vnd sall ouer menschen bloet, so sall hie nuchtern sin desgelichen so sollen oich sine friescheffen syn, fronen-bade vnd clegere
    15. Jh. Wigand,Femg. 554
III nicht betrunken: Enthaltsamkeit oder Zurechnungsfähigkeit bezeichnend; formelhaft in Vbdg. mit 1Mund (I), Mut (I 2), Zunge 
  • dat ick hebbe vorkoft ... myt guden willen unde myt nuchternen mode ... 4 grase landes
    1435 OstfriesUB. I 405
  • dat heer G. ... hefft vorkofft ... twe demede ... nuchtners modes
    1450 OstfriesUB. I 549
  • dit is riucht: datter neen man langera to riucht schel staen, dan fan der sonna opgong omtrent middey: want dat riucht schel altyda mey nochteren tonghe leyd wirda
    1480/81 JurFris. I 16
  • es soll sich auch ewer yeder des zuͤtrinckens massen, dann wo eyner in der follen weys von den feynden geschlagen würd oder aynen in der follen weyß schluͤg, oder sonst was verhandlt, der soll eben so wol, als ob er nuͤchter gewesen were, gestrafft werden
    1532 Bonin,Reichsheer 66
  • dat ... sulcke contracten ... gebuerende in taveernen ofte in dronckenscep, ghehouden werden voor nul ende negheen; ten sy dat de contractanten binnen derden daghe nuchterens monts ratiffieren ... de selve contracten
    1535 CoutSalleYpres I 8
  • so man erer [predicanten] in nöden to donde hefft, it sy by nachte yffte by dage, dat sie nöchteren syn
    1543 Osnabrück/Sehling,EvKO. VII 1 S. 249
  • dieweil den klosterpersonen vor andern ein nüchter und züchtig leben gebürt, so sollen sie sich des schendlichen lasters, zu und voltrinkens ... genzlich enthalten
    WolfenbüttelKO.(1569) 252
  • nachdem auch das vollsaufen ein wurzel alles bösen ist, stehet den pfarrern wol an, das sie fein nüchter und messig leben
    1573 Mark Brandenburg/Sehling,EvKO. III 113
  • an was orten [Personen] ... in schimpf oder in ernst, niechter oder truncken ... mit fluechen, schwoͤren vnnd loͤsterung gottes ... vergreiffen wurden, die sollen vnnachlaͤßlich gestrafft ... werden
    TirolPolO. 1573 Bl. 3r
  • daß er [Stadtkantor] in den hochzeiten die knaben mit trinken nicht überladen, sondern ihnen ernstlich zuebefehlen, daß sich ein jeder nuchtern und bescheiden halten ... solle
    1609 Rautenstrauch,Luther 113
  • welcher sich wider den richter, er sei niecht oder voll, auflänete mit schlagen oder andern scheltworten, der soll mit der gefenknuß ... gestrafft werden
    1667 NÖsterr./ÖW. VII 664
  • wofern auch einer sonsten sich volltrincken und in solcher seiner trunckenheit jemand vergewaltigen, schlagen oder gar ums leben bringen ... wuͤrde, soll derselbe eben sowohl, als wann er nuͤchtern gewesen waͤre, darum gestrafft werden
    1672 Emminghaus,CJGerm. II 388
  • daß ... er diese blutschaͤnderische unzucht nicht nuͤchtern, sondern voll und doller weis ... begangen
    1675 Abele,Unordn. V 62
  • H. ... ist vor einen gerichtsdiener ahngenommen worden, darbey ihm scharf eingebunden, daß er sich ehrbar und nüchtern verhalten soll, auch bey vermeidung seines dienstes sich des täglichen vollsaufens enthalte
    1695 FriedbergGBl. 4 (1921) 59
  • haben sich dieselbige [hatschiere] ... eines nuͤchternen lebenswandels zu befleisigen
    1768 SammlBadDurlach II 151
  • maͤßige schlaͤge mit dem stock, so auch ein unterofficier im eifer an einem nuͤchternen gemeinen, nicht aber an einem betrunkenen, sondern selbigen nur in arrest nehmen darf
    1771 Zincke,KriegsRGel. 58
  • ich [huͤlfsschreiber] ... schwöre ... daß ... ich ... mich stets treu, ordentlich, nüchtern und unverdrossen betragen will
    1831 SammlArnsberg I 79
unter Ausschluss der Schreibform(en):