Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): Ohr

Ohr

, n.

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I das Organ bei Mensch und Tier

I 1 als Gegenstand von Verletzungen
  • maer van oore oft van voet, van vuyst oft ander lidtmaet af-teslaen, mach een yder van haer syn gerichte doen op den gemeynen stock
    1283 CoutMaestricht 10
  • vverther en mon eslain oppa sin haud and thet blod eta arem vphlape and etta muthe, thera mutha ek en skilling and eyder nostern fiuwer penningar [wird ein Mann auf den Kopf geschlagen, und rinnt das Blut aus den Ohren und aus dem Munde heraus, so ist die Buße für jede der Öffnungen ein Schilling und für jedes blutende Nasenloch vier Pfennige] 
    Ende 13. Jh. BrokmerR. 102
  • ief ther en are al of is, thiu bote bi fiftene merkum [wenn da ein Ohr ganz ab(gehauen) ist, (so beträgt) die Buße fünfzehn Mark] 
    um 1300 HunsingoR. 58
  • enre frowa hire are uteriven bi elleue merkum ..., ief se thes bitigia welle, thet se a noma se [(wird) einer Frau das Ohr aufgerissen, (so büße man) elf Mark ..., wenn sie vor Gericht erklären will, daß sie einen (guten) Ruf hat] 
    um 1300 HunsingoR. 56
  • so welich borghere dhen anderen sleit to den oren, wert he thes vortucht mit twen borgheren umbesproken eres rechtes, dhe scal gheven der stat vif marc
    1303/08 BremRQ. 54
  • werdet de oren beide af ghesneden, gheslaghen, oder ghehowen, so beteremen dem cleghere xl marc ... heft he des geldes nicht, so ga ore teghen
    1341/44 WisbyStR. 37
  • wirt eime sein ohr abgehawen und er davon tawb wirt, das er nicht gehoren mag, das ist eyn lemde
    2. Hälfte 14. Jh. JurPrut. 18
  • jeftet are is thruchestat iefta thrucheslain ... sa scel ma ther twina inhalinga scriwa, mith ene ethe gader to tyane [wenn das Ohr durchbohrt oder durchgehauen ... ist, so soll man dafür zweimal die zusätzlichen Bußforderungen verzeichnen, (die) mit einem Eid zusammenzufassen (sind)] 
    1. Hälfte 15. Jh. FivelgoR. 118
  • den mundt, ogen, nesen, tungen, oren vnde des mannes gemechte, hande vnde voͤte ... dat schal men mit einem halven manbothe beteren
    1537 SammlLivlLR. I 182
  • daß sie im brief und sigel geben [wegen] des verletzten ors, dan es im sonst an seinem handwerck nachteilig
    1543 Kramer,BaBüUfrk. 93
  • wo nu soͤlche vorlembde oder wunde an des menschen munde, augen, nasen, zungen, ohren ... geschehe, so ist des beklagten busse ein halb wehrgelt
    1561 Rotschitz 90v
  • wan einem das auge ausgestochen, ohr, handt, fuß oder nasen abgehauen, ingleichen eine fahr-wunde zugefuͤgt wird, so zu erweisen, solche schaden werden gebessert mit 30 mark wie von alters hero, und verbricht der theter an die hohe obrigkeit 60 ßl.
    1583 HadelnLR.(Pufendorf) IV 8
  • so einem ein oder zwey ohren werden abgehieben und doch ohn schaden des gehoͤrs; soll auch der niedern gerichtbarkeit zustaͤndig seyn
    1705 KlugeBeamte I2 804
I 2 im Strafvollzug, in der Wendung ihm sitzt schon ein Ohr am Pranger er steht kurz vor einer öffentlichen Strafe
  • gif he þonne gyt mare wurc geworht hæbbe, þonne do man ut his eagan, ⁊ ceorfan of his nosu ⁊ his earan ⁊ þa uferan lippan [wenn er dann noch eine größere Missetat verübt hat, dann reiße man seine Augen aus, und sie sollen seine Nase und seine Ohren und die Oberlippen abschneiden] 
    um 1027 Liebermann,AgsG. 334
  • gisciet iz uf einir hovistad, undi sind da luiti uffi undi virligin su der vroiwin noit, daz su iz uri nicht [helfin] cundigi ... werdin su iz ubirzugit mit drin urin naciburin ... den sal min wellindi blie in uri orin giezi
    um 1230 MühlhsnRb.2 108
  • swer einen toten vz grebet, der ez ze rehte niht tvͦn sol, der hat gevraevelt an der kirchen ... vnd hat niht gvͦtes, man sol ... im daz har ob den oren ab scheren
    um 1275 Schwsp.(Langform Z) LR. Art. (L.) 370 II
  • swer einen toten vz grebet, der ez ze rehte niht tvͦn sol, der hat gevraevelt an der kirchen, da der kirchof hin horet, der sol also bvͦzen. ist er ein edel man, so sol sin gvͦt halbez werden, daz er hat, dem geistlichen rihtaer. vnd hat er niht gvͦtes, man sol in binden in dem kirchove an eine svle vnd sol im slahen vierzec slege vnd sol im daz har ob den oren ab scheren
    um 1275 Schwsp.(Langform Z) 173
  • welt ir nu wizzen, waz diu lem ist: daz ist ein auge wider auge, ore wider ore, nase wider nase, zunge wider zungen
    1276 AugsbStR. Art. 49 § 2
  • daz man denselben an den haken mit der zungen oder mit dem oren henke, ob ers mit zwen unversprochenen mannen ůberseit wirt
    1296/97 WürzbPol. 40
  • dey des nicht unscuͤldich wolde werden, dat hey der vrijheyt nicht en hedde broeken, dem zal men eyn oere afsniden
    1363 HammStR. 9
  • keyn knecht sal von den schiffin nicht geen noch loufin, das geschiffte gut werde denn bracht zu marckte, und wer ee von dannen liefe. der sal vorlyzen eyn ore 
    1385 CDPruss. IV 38
  • dy bodel staveld ok orveide dengenen di gnade geschyd, als dy den stein dragen, und di stupe liden, dy de ogen werden utgebroken, di de oren gelosen, oder dorch dy thenen gebrand werden
    Ende 14. Jh. BerlinStB. 1
  • dises recht ist, das man den zu der stupe sla, unde eyn ore abesnyden sal. hat er [Dieb] der oren nicht, man bornet en durch die backen
    Ende 14. Jh. GlWeichb. 341
  • weres, das dy kynder von deme bordinge und gute entgingen und das gut nicht welden helfen bergen, wor man dieselbigen kynder erkriget und ankompt, deme sal man syn ore abesnyden
    1422 HanseRez. VII 283
  • 32 ß dem maister, ainer frawen ain or abzuschniden
    1436/37 QGrafschHohenberg II 103
  • dat C. ... terstont mit hoir lefter oer mit een nagel geheft ende gespikert staen sal an der stedehuys doer
    1446 LeidenRbr. 74
  • deme marketmestere to kostgelde vor twene gesellen, den men de oͤren affsneid, 16 s. 1 d.
    1458 HildeshUB. VII 637
  • wiewohl er sein leben verwirkt, gnadenhalber, daß der meister ihn auf den pranger gestellt, darnach abgenommen, ihm beide ohren abgeschnitten, ihn mit ruten gehauen und er über den Rhein gehen müssen
    1480 Schuhmann,Scharfrichter 265 Anm. 1320
  • om die aen te tasten ende met ene oer aen eenen boem te spykeren off pael
    1484 Fruin,Dordrecht I 333
  • eyn deeff de schoddert nicht sunder sake, wente em sit reide eyn ore an dem kake
    1493 Bote 36
  • wan man eyn zeyberin angriffen, so sollen ... die sie griffen, ... und also zu gefengnuß bringen und ... alle hare abscheren, es sy an der scheym, an oren und an braen
    1494 Frankfurt am Main/Hansen,QHexen 593
  • die peen einer diebstal ... ist nit albegen ertötung, sunder vnderweylen mit prugeln ausschlahen, schlahung mit gerten oder zu zen brennen oder zu orn abschneiden oder bezeichnung an der stirn mit einem gluenden eysen [aliquando aurium abscisio] 
    um 1500 Summa legum 565
  • dieselben bosshafftigen kupler oder kuplerin, auch diejhenen, so heuser darzu leyhen, soͤllen ... des landes verweyst, in branger gestelt, die oren abgeschnitten oder mit rutten aussgehawen [werden]
    1507 BambHGO. Art. 148
  • offenlich in branger gestelt, bede oren abgeschnitten vnd des lands biss auff kundtliche erlaubung der oberhandt verweyst werden sol
    1507 BambHGO. Art. 223
  • sy [die Appenzeller] hettindt in irem land ouch gesellen, die es einander also [in verbotener Weise] brächtindt; do redti einer, er wölti, welicher es dem andern brechti, daz man im ein or schlitzti, und welicher gelt von eim herren näm, ders nit nemen sölt, daz man im die nassen schlitzti
    1513 SchweizId. IX 814
  • starke und gesunde bettler, die noch zur arbeit tüchtig sein ... soll man aus der stadt weisen und verbieten wieder zu kommen mit vermahnunge. so er aber halsstarrig wollte sein und dies gebot nicht achten und wieder käme, soll man ihm ... ein zeichen in sein rechte ohr schneiden
    1525 Danzig/Sehling,EvKO. IV 176
  • unnd jemand entlieffen sein gesunde, der her sol im selber nachvolgen, unnd wa er in erwischet, mit eynem ohre an ein baum mag plocken unnd in so lassen steen mit dem angenagelten ohre unnd im nichts nemen uberal
    nach 1529 PreußGeschSchr. I 713
  • den ... [der einen Felddiebstahl begangen hat] wellen unsere herren ... mit gfengnus, verwysung statt und lands in das halsysen stellen, die oren abschniden, oder durch die backen brennen strafen
    1530 BaselRQ. I 1 S. 259
  • stellung jnn branger, abschneydung der oren oder ausshawunge mit ruten oder anderm
    1532 CCC. Art. 123
  • eyner von der H. wart zur stauppe gehawen im 39. jare und auch eyn ore abgeschnyten, dorumb, der eym pferde dy zunge des nachten abgeschnytten
    1532/45 NLausMag. 71 (1895) 54
  • welcher eynen bey nechtlicher weyl heimlich vor seynen vir pfelen verhercht ..., ist darauf das recht, das man ime dye ohren mit heyssen bley begeust
    1543 WürzbDiözGBl. 25 (1963) 165
  • dat se eren fredelosen man anquemen, und wolde nit mit en gaen, so scholde se eme dat angesichte in dat osten keren, und nemen eme bi dat furder oher und houwen en den kop aff
    1553 Engelke,GogerichtDesum 60
  • wenn einer an eines mannes haus lauscht ... und wird er darüber beschrien, den soll man mit den ohren an das fensterbrett nageln, oder er soll an den (grundherrlichen) hof mit 12 und 6 schill. pfg. ... verfallen sein
    16. Jh. NÖsterr./ÖW. IX 746
  • ob er stihlt über zwei und ein halb pfunt pfenning, so soll man ihm zwicken mit dem einen ohr an dem pranger und soll sich selber abreißen und alsdann aus dem markt geschafft sein
    1610 NÖsterr./ÖW. IX 243
  • daß er alle ... so im ... stüfft A. gefanckhlich einkhommen ... mit ... zungen vnd ohren abschneiden ... augen außstechen ... richten vnd strafen ... [soll]
    1616 Schwabmünchen/Schuhmann,Scharfrichter 154
  • daz ist, man soll einem bürgen nicht bald die hawtt vber die ohren ziehen, die weyll er den rechtschuldigen vor gericht stellen kan, denselben soll man zwinge, daz er den bürgen freye
    1628 Apel,Collect. 35
  • [sollen,] wann sie der vorsetzlichen desertion uͤberwiesen ... vor dem gantzen regimente zu schelmen declariret ... auch andern zum ... schrecken ihnen die nasen und das eine ohr abgeschnitten ... werden
    1711 CCPrut. III 65
  • leibes-straffen bestehen in einer plage, die entweder uͤberhin gehet, oder bestaͤndig bleibet. zu dem ersten gehoͤren die zuͤchtigung mit ruthen im gefaͤngniß, staupenschlag, wippen, zu den letztern verdammung auf die galeren ... oder zu stetswaͤhrender arbeit, ... abhauung der finger, hand, ausschneidung der zunge, abschneidung der ohren, nasen, ausstechung der augen, brandmarcken, belaͤhmung eines fusses
    1738 Hayme 1187
  • abschneiden der nase und ohren, kommt selten vor
    1771 Zincke,KriegsRGel. 59
I 3
in zivil- und verfahrensrechtlichem Zusammenhang (bei Beweisführung in Fragen bezüglich der Eigentumsverhältnisse) und in der Wendung zu Ohr und Kundschaft geben verkünden
Sachhinweis: GrRA.4 I 469 u. II 127
  • ⁊ gecyðe seo gewitnes þæt on godes helde ⁊ on hlafordes, þæt heo him on soðre gewitnesse sy, swa heo hit eagum oferseah ⁊ earum oferhyrde, þæt he hit mid rihte begeate [et inueritent hoc ipsi testes in fide dei et domini sui, quod ei in uero testimonio sint, sicut oculis superuiderint et aure superaudierint, quod recte hoc adquisiuit] 
    um 1027 Liebermann,AgsG. 326
  • so sal der cleger ... mit siner lincken hant dem pherte griffen an sin rechte ore und sal die rechte hant uff die heilige legen und sal sweren, daz daz pferd ... sin gewest sie, das er mit handen anrure, biz uff die stunt, daz es im dieplich und dublich verstolen si wurden
    1444 MainzKämmW. 184
  • dorch ein opentliche certification dieses ohr und kuntschop geven, dat solches vor und na der deilung ... allewege bekant
    1568 HolstVierstUrt. 406
  • von bewerung im rechten: ... durch gesicht der augen, denen mehr dann den ohren geglaubt wirt
    TeutschForm. 1571 51r
  • sollen die richter die parteyen zugleich hören, vnd daz eine ohr dem vnverhörten theyl offen behalten
    1628 Apel,Collect. 132
I 4 als Hilfsmittel bei der Bestimmung von Anteilen an einem erlegten Wildschwein
  • so sie [Untertanen] ein schwein füengend, solt man die ohren hinter sich auf den ruckhen streckhen, und soweit die ohren reichen möchten alß fehr, solt man den halß hinter den ohren abhauwen und den auch gehn hoff dem obervogt antwurten für die herrschafft recht und daß übrig selbs behalten
    1517 Ortenau 31 (1951) 86
II Ecke, Zipfel, auch 2Mark (III) oder (VII) an Gegenständen
  • [von 3 mal verworfenem Tuch soll] ain or abgeschnitten werden
    1524 Ulm/SchwäbWB. V 71
  • bi jungferen soldestu billik slapen, de mit langen oren gaen up der straten
    1537 Daniel v.Soest 251
unter Ausschluss der Schreibform(en):
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