Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): rauh

rauh

, adj., rauch, adj.

zT. Vermischung mit roh 

I (zum Teil oder ganz) aus Fell, Pelzwerk bestehend, mit Pelzwerk verziert
  • die schuworchten unde di gerewer haben ouch eine innunge mit einander hi in der stat, also daz nimant rewen noch schuwerc wirken sal, he habe ir innunge gewunnen mit eime halben pfunde
    um 1300 FreibergStR. 44 § 1
  • ez schol niemant dehainen rauchen hůt noch dehainen unchelchten [!] hůt fuͤrbas hie machen noch verchauffen
    1310/12 MünchenStR.(Dirr) 224
  • die küerschner sollen in allem kürschnberg und rauchen wahr vor allen andern den vorkauf haben
    1564 OÖsterr./ÖW. XIV 41
  • edel gefüll als zobl, mader und dgl. rauches fueter
    1618 QZollwTirol 116
II von Tieren: mit dem Federkleid, mit dem Fell, ungerupft, ungegerbt
  • so en sullen die vreemde personen, die mit zeevisch of ruwe visch in die nieuwe straet comen, hoir visch niet mogen ofslaen, voir dat die clock thien heeft
    1460/1514 NBijdrRgel.2 2 (1876) 541
  • wer die mark freventlich ahnsteckt und verbrennt, denselben soll man in eine rauhe küh oder ochsen haut thun, und ihn drey schritt vor das feuer, da es ahm aller heftigsten brennet, legen, bis das feuer über ihn brennet
    1461 Wetterau/GrW. III 416
  • voert en moet nyemandt rughe vogelen of gansen, dat is te verstaen platvoetvoghelen ruych te marct te brengen, bij xij ß
    15./16. Jh. NBijdrRgel.2 2 (1876) 538
III
mit Zweigen und Blättern versehen, belaubt; rauher Zaun Umhegung aus Hecken und Büschen; rauher Baum iU. zum Pfahl (I); rauhe Weide wie Rauhweide; rauhe Hofstatt bewachsenes Land iU. zu kahlem Land
vgl. Rauhweide
  • da die weingarten rauch werdent, und wellich dann geent und schneident den leuten ir stöck ab, der ist darumb sechzig pfennig zu wandl
    Anf. 15. Jh. NÖsterr./ÖW. VIII 692
  • empfehlen demnach euch allen ... daß ihr ... das holtz in euren auen an beruͤhrtem wasser-strom zwischen Wienn und Crembs, und besonderlich ... rauhe baͤume sechs klaffter weit von der Donau ... abamissen [sollt]
    1540/73 CAustr. I 283
  • als man ... rauhe zein ziglet ... solle dieselben ain ieder auf seine grunt sezen
    1594 Bayern/GrW. VI 140
  • daß auf und in allen diesen distrikten sowohl die rauhe als auch die schmalzweid ... der gemeind ... ohngehindert gestattet sein solle
    1781 PfälzWB. V 1148
IV rauhes Getreide: Dinkel, Hafer, Gerste iU. zu glattem Getreide ohne Grannen (Roggen, Weizen); rauhe Gülte Abgabe in gemischten rauhen Getreidesorten
  • dat yk ... hebbe vorkoft ... ene meze rugen gulde, de gheheten ys en oding tegghede
    1393 NeuenwaldeUB. 158
  • [aus einer gekauften Pfründe] all jar ... ainen metzen rawher gersten
    1455 Indersdorf I 341
  • soll ... ain miller zu lon nemen ... von dem rauhen korn als gersten von jedem imin rauchkorn zuͤ malen ain metzen und ain vierthailin rauchkorn auch gestrichen und ungestoßen
    1560 WürtLändlRQ. II 875
  • so gefallt järlich in das huebambt V. an rauchem korn, das ist gersten und habern durchainandern, als volgt
    1618 Montfort 2 (1947) 184
  • [das Lehen wird] mit rauhem korn besäet
    1769 Montfort 2 (1947) 185
V rauhes Futter, rauhe Fourage wie Rauhfutter 
  • wann der byschoff gen S.N. kommet, so sint die jnburger schuldich die erste nacht stallonge vnd ruwe futter
    15. Jh. (Hs.) Lothringen/ZBergGesch. 7 (1871) 179
  • so ein erwürdiger her apt als grundther ... das jargedinge halten ... wolten, soll der pastor oder pfarher ... den pferden gute strauwe lassen machen, ruwe foder geben
    1542 LuxembW.(Majerus) VI 24
  • wann drey wierth in dem thal wehren, soll der lehenman [wan die pächten gelifert] mit dem mittelsten zufridten sein, vnd dem pferdt raw fuetter dabey geben
    1660 Untermosel/GrW. II 397
  • das rauhe und glatte futter, so ferne es von denen werb- und quartier-staͤnden auf die anwesende passirte pferde in natura gereichet wuͤrde
    1683 Moser,StaatsR. 30 S. 92
  • wie dann die blosse einquartirung von der verpflegung in denen reichs-constitutionibus separiret wird, und gehöret zur verpflegung ... stroh, glatt und rauh futter
    1705 KlugeBeamte I2 610
  • wegen bevorstehenden winterquartiers ... hat sich ieder unterthann mit gladt- und räuchen fueter alß haabern, hei und stroh ... zu versechen
    1730/47 OÖsterr./ÖW. XIII 20
  • eine besoldung von 500 gulden nebst der rauhen und glatten fourage auf 2 pferd
    1733 Schnee,Hoffinanz V 202
  • rauhes futter, d.i. heu, gras und stroh im gegensatze des glatten, aus körnern bestehenden futters
    1798 Adelung2 III 977
VI rauher Wein ganze bzw. getretene Trauben iU. zu glattem, dh. gekeltertem Wein
vgl. 2Rauchwein
  • solle er [kelterschreiber] alle ... leitfaß oder foͤrth, so unter jede keltern mit rauem wein gefuͤhrt oder in butten hereingetragen werden, ordenlich beschreiben
    1597 Reyscher,Ges. XVI 1 S. 106
  • an orten ..., da der zehend an rawem wein vnnd getrettenen trauben ... gegeben wuͤrdt
    1607 Reyscher,Ges. XVI 1 S. 220
  • die einnahme von zehenten muß verschieden behandelt werden, je nachdem der zehente glatt, d.h. in gekeltertem Wein, oder rauh, d.h. in ganzen oder getretenen trauben ... gereicht wird ... bei der rauhen verzehntung wird aus den registern und urkunden der zehent-auffseher die zahl der eingebrachten fuhren und das glatte erzeugniß eingesetzt
    1819 Reyscher,Ges. XVIII 548
VII rauhes Fuder Holz Fuder nicht kleingehackten Holzes
  • sol ieslicher der in di aw ist gefaren und sich hat beholzt, ... dem richter ein rauchs fueder holz fueren
    Mitte 15. Jh. NÖsterr./ÖW. XI 170
VIII von Wolle und Tuch: grob, nicht geschoren
  • das die tůcher alle jaͧr zwen und die weber oͧch zwen darzůgen sond, die sond die ruchen tůch schowen an der ram
    1466 RottweilUB. 596
  • wer oͧch es, das ain koffman kem mit rucher wollen, darzů sol man baiden zuͤnfta verkúnden und sagen, die ob aim zentner were, die denn das ruch werck triben
    1466 RottweilUB. 597
  • welher ain růch tůch abnimpt ungeschowet, der kumpt umb 6 s.h.
    1466 RottweilUB. 597
IX unwirtlich, wild, unbebaut, unkultiviert, bewaldet, struppig, zugewachsen
  • ic agnian wylle to agenre æhte ðæt ðæt ic hæbbe 7 næfre ðe myntan ne plot ne ploh, ... ne ruh ne rum, wudes ne feldes, landes ne strandes, wealtes ne wæteres [ich will als eigen Gut behaupten, was ich habe, und niemals dir zudenken weder Fleck noch Pflug Landes, ... weder Rauhes noch Offenes, an Wald noch Feld, an Land noch Strand, an Wald noch Gewässer] 
    1020/60 Liebermann,AgsG. Becwæð 3
  • das nieman keinen invang noch keinen ruchen walt mag noch ensol inne han, ane mines herren, des abtes, hand und willen und ane zins
    14. Jh. GasterLsch. 497
  • von ainer plossen hofstat auf und ab 4 ₰; ... von ainer rauchen hofstat auf und ab 14 ₰
    15. Jh. NÖsterr./ÖW. VIII 617
  • wo aber ainer ... raumet seine rain nit, ließ [sie] mit holz, es wern paum, stauden oder thorner, rauch werden und verwachsen, der hat gefraffelt
    1553 OÖsterr./ÖW. XII 644
  • was in den wilten rauchen gebirgen ligt und mit der hauen mueß umbgerissen werden, davon [ist] ... von uralten jahren kein zehent geraicht worden, solle eß dabei verbleiben
    1599 NÖLREntw. V 162 § 5
  • habend die alpgnossen ... sollichen gwalt, wan sie vor schnee und rüche wetters wegen uß der alp uß S. wychen müössend, habend sy sollich rächt, daß
    1615 GasterLsch. 267
X von / aus rauher Wurzel, Staude in Bezug auf Ländereien: ungerodet, brach liegend; in Bezug auf Vermögensverhältnisse: ohne ererbtes Vermögen
vgl. ledig (I 28 c), roh, wild
  • wer einen weingarten anfeht von rauher wurz, der sal daruber nemen des perges sigel
    14. Jh. Prag(Rößler) 93
  • [Verleihung eines Weingartens] von rauher stauden
    1474 SteirWeinb. 129 Anm. 22
  • daß sie alle ihre habe aus rauer wurzel erworben und nichts von ihren eltern das stammgüter genannt werden mögen
    1546 ZMarienwerder 13 (1884) 244
  • wenn ein mann vnd weib von rauher wurtzel zusammen kommen, vnd einander wenig oder gar nichts zubringen
    1579 Haltaus 2140
  • unbewegliche guͤter aber und liegende gruͤnde, als stehende erbe und eigen mag niemand ohne des naͤchsten erben urlaub vergeben; es waͤre denn, daß er nicht stammguͤter, sondern aus rauher wurzel, und durch des gebers ... arbeit erworben ... waͤre
    1594 JCulm. III 3 § 2
  • rauhe wurzel. das ist felder, die nicht angebauet sind
    1762 Wiesand 883
  • wenn das grundstuͤck aus rauher wurzel, d.h. unkultiviert ... verliehen ist
    1836 PreußSächsProvR. I 139
  • wirt eine czeche bie eines mannes lehen von ruer wurczil gemacht
    oJ. SchlesGoldr. 230
XI
von Münzen: mit minderwertigem Metall legiert iU. zu feinsilberhaltig; rauhe Mark eine nur landes- oder ortsübliche geringerwertige Gold- oder Silbermark iU. zur hochwertigen feinen Mark ohne wertmindernde Zusätze; zur rauhen Währung vgl. Wielandt,BadMünzG. 177f.: ein nach willkürlichem Fuß ausgebrachtes lokales Münzsystem iU. zur Reichswährung
vgl. Rauhgeld
  • ain merckliche barschafft an gold und raucher müntz
    16. Jh. WürtVjh. 3 (1880) 52
  • zů ainem selgeret ... 300 ℔ ruher heller
    16. Jh. WürtVjh.2 6 (1897) 279
  • 80 fl. rauer wehrung
    Mitte 17. Jh. WürtVjh. 9 (1886) 148
  • alle monat an einen ruhen gulten ein helbig schatzig ... geben
    1697 MittBadHistK. 14 (1892) 79
  • [dem] heren pfarher ... gehört jährlich 1 gulden rauher wehrung
    1726 MittBadHistK. 7 (1886) 43
  • [Bericht,] daß die allhiesige rauhe währung gemeiniglich lands- oder rappenwährung ... daher genennet wird, weilen die stadt F. auf fast allen ihren müntzen ... einen rabenkopf prägen lässet
    1730 Wielandt,BadMünzG. 177
  • [Befehl, Gold anzunehmen und] nach dem im contract stipulirten gehalt à 18 karath und 8 green und zwar auf die rauh mark der einfach 48 st. und der doppelten 24 st. ausprägen ... zu lassen
    1733 Stern,JudSüß 331
  • wird das silber ... mit probier-zetteln, die volles vertrauen verdienen, abgeliefert, so wird dem lieferanten ein schein nach dem rauhen gewicht und bekannten feingehalt ausgestellt
    1823 Reyscher,Ges. XVIII 760
XII von Maßen und Messgefäßen: für rauhes (IV) Getreide bestimmt, dann auch für andere Produkte
vgl. Rauhmeß
  • glatt meß 1 mltr thut 8 viertail oder 2 mutt, ruch meß 1 mltr thut 16 viertail oder 4 mutt
    1513 ZGO. 1 (1850) 170
  • das ruch halb viertel halt vier ruch massen, die tund 4 1/2 glatt maßen
    1534 KonstanzWirtschR. 67
  • was man aber nit trinkt, als kleb, honig, öl ... darvon gibt man kain ungelt. darumb söllend die gschier, darmit man sölhe ding ußmeßt, mit den rüchen gschieren gefächt werden
    1534 KonstanzWirtschR. 69
  • ruche und glatte maße und messen
    1548 HohenzollJh. 19 (1959) 145
  • soll er [naß fächter] der ruhen oder alten oder großen oder landtmaß 8 in ain fiertel ... fechten
    16. Jh. KonstanzWirtschR. 48
  • welcher ain grechten aymer hat, der findt 32 alt oder groß oder ruch maßen, dann die maß on das ungelt dise namen hat. aber der ungelt maßen, die man die glatten haißt, findt er 36
    16. Jh. KonstanzWirtschR. 48
  • dann er [trucken fächter] ains jeden maß zwayerlay hat, namlich ruchs und glats ... mit dem ruhen mißt man fesen, haber, ungestampfte gersten, haberwicken, zublen, rüben, ops, nuß, saltz
    16. Jh. KonstanzWirtschR. 51
  • durch den verpflichteten müller ... mit einem rauhen viertel gemessen ... das gewohnliche maltzgeld ad 24 kr. von jedem rauhen, jedoch abgestrichenen viertel
    1742 SchwäbWB. VI Nachtr. 2761
XIII von Waren: ohne zusätzliche Verpackung
  • [Mauttarife:] kaufmanschafft. von ainem zenten beslagens gut 10 phenning, von rawchem gut 5 phenning
    1489 SteirGBl. 4 (1883) 208
XIV rauher Diener Arbeiter für grobe Tätigkeiten
vgl. Rauhe (I)
  • welcher meister ein baw oder werck allein hatt, der mag drei diener haben, zwen rauhe und ein kunstdiener
    1563 Straßburg/Wissell,Steinmetz 128
  • es soll auch hinfürter kein meister keinen rauhen diener mehr annemen oder ledig sagen, denn vor einem handwerk und den gesellen
    1563 Straßburg/Wissell,Steinmetz 139
XV grob, beleidigend, scharf
  • soe wes dat hem begegent ... tsy van ruygen, onredelijcken ofte onbetamelijcken woirden ... dat sell hij den gemenen gerecht by sijnen ede by brengen
    1473 VerslOudeR. 2 (1892) 159
XVI bloß, rein; strikt
  • streng vnd rauch recht, so nichts von dem das es zůgibt, nachlaßt
    1561 Maaler 327ra
  • eine stadt macht ein gesetz, vnnd verbeutt bey leib vnnd gutt, keiner, er sey wer er wolle, solle auff die maueren gehen. ein burger aber sihett ohne gefehr einen feindt, der die stadt will ersteigen vnndt verrathen, er gehett auff die mawer vnndt will ihme wehren. dieser hatt nach den rauhen buchstaben daz leben verwürckett
    1628 Apel,Collect. 139
unter Ausschluss der Schreibform(en):
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