Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): scharf

scharf

, adj., adv.


I gut und leicht schneidend, spitz; auch: besonders stark verletzend
  • hweer soe tweer siden toegadersittende sint ende nene kijnden ne habbeth, ief hit alsoe falt ..., dat hiara aider oerem an moerd slait mit stocke iefta mit stupe iefta mit ene scherpe wepene ende hia dere deda bisecka wille, zoe scellath hia se sikria mit hiara haedpapa ... ende twa ende sauwentich orkundem binna hiara kenne [wenn zwei Ehegatten zusammenleben und keine Kinder haben (und) wenn es sich ... so trifft, dass einer von ihnen den anderen mit einem Stock oder einem Pfahl oder einer scharfen Waffe totschlägt und sie die Tat leugnen wollen, so sollen sie sich mit ihrem Hauptpriester ... und zweiundsiebzig Zeugen aus ihrem Geschlechte von der Anklage reinigen] 
    1. Hälfte 13. Jh. (Hs. 1464) WesterlauwersR. I 354
  • mit scharpfen swerten wart ûf in sô gekemphet
    1257/58 Konr.v.Würzb.,TurnierNantes V. 851
  • daz chain richter noch amptman in unserm land ze B. nieman twingen noch nòten sol ze chayner chlag ... umb welherlay sache und ansprach daz wær, an umb fliezzent pogwunten, die mit scharffem ort geschehent, und an totsleg, notnuft, offenbar heymsůchen
    1346 BairLR.(Schlosser/Schwab) Art. 1
  • wirt ainer gewunt mit gewaffenter hant und mit scharffem ortt, daz sichtig pogwunten sind, und hat er mer wunden dann eine, so sol man dem chlager und dem gericht nach der hòchsten wunten pezzern
    1346 BairLR.(Schlosser/Schwab) Art. 167
  • scharpe neghele, de men in holt slan mach, ... mot he [der Schmied] wol smeden
    1. Hälfte 14. Jh. GoslarStR. V § 25
  • hoth so thi man deth mith tussche and midt saxe and mith scarpe wepene and mith arbeste, thet ach ma al thribete to betane [was immer ein Mann mit den Zähnen oder mit einem Messer oder mit scharfer Waffe oder mit einer Armbrust verübt, das alles soll er dreifach büßen] 
    2. Hälfte 14. Jh. (Hs. 1464) WesterlauwersR. I 518
  • thi other dom is, thet thet kind ach siner moder huderslan to iewane, allera iera ec fif schillingan and ix pannigan, to xij jerum long, alsa fir sa hiut bihut hebbe vnewlemeth fon achte sekum: fon fyure, fon sade ... and fon skerpa weppene [die zweite Rechtfindung ist, dass ein Kind seiner Mutter Hüterlohn geben soll, alljährlich fünf Schillinge und neun Pfennige, bis zum zwölften Jahre, sofern sie es vor acht Sachen: vor Feuer, vor dem Brunnen ... und vor scharfer Waffe unversehrt behütet habe] 
    1. Hälfte 15. Jh. FivelgoR. 60
  • de conspirateurs die te Brugghe versloughen den grave Kaerle van Vlaendren, waeren gheprecipiteert ende afgheworpen van hooghen torren ende ontfaen up pycken of andere scerpe stocken
    1510 Wielant,InstrCrim. 79
  • den von G. ist zugefunden ... eine halbe rahtwahr, davor gebort den holzgreven und seinen knechten eine schinken und ein scharp messer
    1530/48 Niedersachsen/GrW. III 224
  • auch soll auf ... die jacobs bruͤder (die lange, scharpffe vnd vngebürliche eysen an jren pilgram staͤben tragen, ...) fleissig gesehen [werden], darmit mordt ... vnd annder args verhuͤt [werde]
    TirolLO. 1573 VII 10
  • met scherpe roeden ghegheesselt
    1594 Claeys,BourreauGant I 261
  • es soll keiner unther inen einich wehr oder waffen, lanck oder kurtz, spitz oder scharpff, im schroden bey ime tragen oder haben, verletzung, schaden undt onrath zuverhuten
    1611 RheingauLändlRQ. 62
  • eine wunde ist ... eine frische blutige zertrennung deren sowohl weichen ... dann der harten theilen mit einem scharffen instrument, als degen, messer
    1769 CCTher. Beil. p. 9
II
sehr genau, exakt; auch strikt, streng, unnachsichtig
  • sa skel ma ac thet morth efter morthe ielda and thene frethe efther morthe fella ieftha theth northalde tre and thet skerpe fial to wariane [dann soll man auch diesen Mord nach Mordes Recht büßen und das Friedensgeld nach Mordes Recht bezahlen oder den nordwärts gerichteten Baum und das scharfe Rad zu gewärtigen haben] 
    14. Jh. EmsigerR. 94
  • da wolten im die von Augspurg zu seiner klag nit antwurten, aber außerhalb des rechten redt man mit im ernstliche und scharpfe wort, wie daß er unlöblich und unerberklich auß der stat geritten wer
    1450/68 AugsbChr. II 205
  • damit aber unnser boßheit vor dem heiligen ertzengel Michael, auff seiner scharpffen wag nit fürtreffen werde
    Hugen 1528 Bl. 149r
  • summum ius, summa iniuria: das schärfste recht ist das größte unrecht
    1532 LutherGesAusg. II 2 S. 560
  • dewile... G. vnde L. ... vth vnser staat yn ander gerichte citert, daer scharpe vntemlige ordele ergangen, derowegen sé wider besweringe erwarden moten
    1532 MünsterUrkS. I 4
  • du solt vorkommen mit außgezogener wehre ... zum zeichen der heiligen gerechtigkeit und des scherffen peinlichen gerichts ... wie nach sachsen rechte gewoͤnlich ist
    1562/77 LünebNGO. 392
  • in diesem lande hatt die weltliche obrigkeytt (got lob) ein solches scharffes auffsehen auff solche leuthe daz man sie vor daz geystliche consistorium nicht kommen lest, sondern ... straffen sie am leben
    1628 Apel,Collect. 60
  • sollen die knaben ... vom cantore in beyseyn deß rectoris, wöchentlich scharpff examinirt, der unfleiß, versaumnuß, muthwillen und ungehorsam gebührender massen abgestrafft werden
    1654 Frankfurt a.M./SchulO.(Vormbaum) II 437
  • nach verfluͤssung aber angeregten termins sollen alle und jede frantzoͤsische waaren ... verbotten seyn, ... damit auch hieruͤber desto fester gehalten, und aller unterschlaiff verhuͤtet werde, haben wir die verordnung gethan, wo einiger verdacht vorhanden, nicht allein scharffe visitationes der handels-gewoͤlber vorzunehmen, sondern auch die buͤcher zu examiniren
    1674 CAustr. I 374
  • real- und verbal-injurien [sind], nebst anderen toͤdlichen zunoͤthigungen, unter schwaͤrer straff, gantz scharff, und gemessen verbotten
    1682 CAustr. I 286
  • haben wir durch unsere hoff-cammer bemeldten beambten ... mit scharffer commination anbefehlen lassen: daß sie in dergleichen begebenheiten niemand ... verschonen
    1699 CAustr. I 105
  • all dieweilen ... waldmännisch zu arbeiten schon zum öftern schärffist gebotten und aufgetragen worden
    1713 SalzbWaldO.(FRAustr.) 178
  • einen scharffen eidt ableghen
    1719 ActaBoruss.BehO. III 204
  • der ältermann hat nicht weniger dahin sorgfältig zu seyn, daß zur rechter zeit die nöhtige hirten ... angemiethet werden, welche dann ... unter scharfer aufsicht zu halten sind
    1748 SchleswDorfO. 872
  • desgleichen sollen auch die holzmeister ... sich des tabackrauchens enthalten und ein solches ... ihren knechten bey vermeidung unausbleiblich scharfer bestrafung nicht gedulden
    1781 SalzbWaldO.(FRAustr.) 192
  • je größer und unvermeidlicher der schade oder die gefahr ist, welche aus dem verbrechen entstehen; desto schärfer muß dasselbe geahndet werden
    1794 PreußALR. II 20 § 25
  • insonderheit sollen diejenigen, welche dergleichen genugthuung durch privatzweykampf selbst zu suchen sich unterfangen, dafür mit der schärfsten strafe belegt werden
    1794 PreußALR. II 20 § 667
  • so werden alle advokaten ... gewarnet, daß sie bey 12 rhtl. und nach befund noch schärferer bestrafung kein anlangen im namen einer gemeinde verfassen
    1795 KurpfSamml. V 35
III heftig, massiv
  • en schal neymand to dem anderen spreken scharpe vrevele word up dem radhuse
    1386 GöttingenStat. 71
  • straffen mag ein vnder tan seinen obresten, der vͤbel tůt mit zuͤchtigen worten vnd in guͤtleich manen, daz er sich pezzer, ... vnd sol in niht mit scharffen worten noch mit pen straffen
    1390 (Hs.) BerthRechtssumme 2060
  • men neemt hem siin borgerscap om scherpe woirde, die hij geseit heeft, die tot twidrachten in onser stat draghen
    1413 UtrechtRBr. I 263
  • advocaten [ist] ... anbefohlen ..., daß sie sich ... der ungebuͤhrlichen, hitzigen, und scharffen anzuͤgen, nicht allein gegen den gerichtern, sondern auch ihren gegentheilen, bey unnachlaͤßlicher leib- und guts-straff, gaͤntzlichen enthalten sollen
    1640 CAustr. I 18
  • wan iemand zu einen contract durch angethanen gewalt, scharpfe betrohung ... und andere schwäre betrangnus benöttigt worden, solle er denselben zu halten nicht schuldig sein
    1654 NÖLO. II 1 § 15
  • weiln bißweilen den vnderthanen jhre supplicationes wieder die gebühr, hitzig und scharpff gestellt ... werden
    1678 Karst,Neustadt/H. 241
  • die brut der vögel zu verderben, ist ... bey scharfer strafe verboten
    1810 JagdWB. I 93
IV das Strafrecht betreffend, auf die Folter bezogen; scharfe Frage Folter
  • nach verlesung solicher scharffen clage die der frawen ... glimpff vnd ere betreffen wollen
    1505 KasselGB. 9
  • als er zu gefengnus gebracht, [hat er] ane sunderliche scharfe frage bekent
    1525 AktBauernkrMdtl. II 694
  • auff das ein richter zu der scharffen frage greiffen mag, ist vonnöten, das vor dieser that, darümb der gefangene sol gefragt werden, gnugsame anzeigunge und vermutunge wider in gehen
    1561 Rotschitz 101v
  • sollen die gerichtsbefelhabere allemahl... persöhnlich gegenwertig sein, bey den peinlichen scharffen fragen
    1562/77 LünebNGO. 387
  • dat men ter scheerpe exame ghijnck ende zeker ghevangenen ter tortuere oft pijne brachte
    1566 Claeys,BourreauGant II 407
  • wie oft die scharffe frage zu repetieren?
    1572 CAug. I 137
  • niemand soll ohne vorhergehenden genugsamen argwohn, vermuthung und anzeige zur scharfen frage geführt werden
    1583 HadelnLR.(Spangenb.) 94
  • hat der gefangene M. S. in scharffer frage ... außgesagt und bekant
    1604 Carpzov,PractNov. I 27
  • die verstrickte L. wird mit der lochgefängknus und scharpffen frage des daumenstocks biss zur erledigung der geburt zuuerschonen sein
    1606 Knapp,NürnbKrim. 112
  • daß der richter dem beschuldigten, wann er zur pein gefuͤhrt wird, vorhero nochmahlen mit scharffen [Bed. III] doch bescheidenen worten zuspreche: er wolle die thaten bekennen, und zur scharffen frag nicht ursach geben. wann er dann gutwillig alles bekennet, ist man der peinlichen frag uͤberhoben
    NÖLGO. 1656(CAustr.) 673
  • es kann also ein solch widerruffender nach vernünftiger ermessung des richters ... in überschweren lasterthaten so gar zum drittenmal ... zur scharffen frage gezogen werden
    1769 CCTher. 38 § 27
  • bey zuerkanntnuß einer schärffer- oder gelinderen tortur allemal eine billige maß zu halten seye
    1769 CCTher. 38 § 19
  • hat er wider gelaunget, ist also ... wider auf die toctur banckh scharpf aufgebunden worden
    1774 SalzbScharfriTb. 66
  • wenn inquisiten, oder zeugen ... mittelst verschiedener dem körper zugefügten schmerzen, von gerichts wegen angehalten werden, die wahrheit zu gestehen, so pfleget man diese handlung die marter, tortur, oder scharfe frage ... zu nennen
    1783 Quistorp,GrundsPeinlR. 1366
V
ätzend, stark sauer oder salzig, giftig
  • seindt nachfolgendte persohnen in gefenkhnussen durch unerhörte speis allß hering mit lauter saltz vnd pfeffer zum prey gesotten, so sie ohne ainichen trunckh essen müessen, item mit einem wannen baadt von siedheißen wasser mit kalch, salltz, pfeffer vndt anderer scharpffen matherie zugerichtet ... vmb ihr leben kommen
    1631 Leitschuh,HexwFranken 59
  • [Pestordnung:] allerley leingewand solle man 24. stund lang in ein scharffe laugen, oder wohl gesaltzen, oder mit essig angesaͤuertes wasser einweicken, hernach, wie mans in gemein pflegt, außwaschen
    1680 CAustr. I 542
  • [bei Obduktion ist zu beachten] ob dem kind die nabelschnur nahe am leibe abgerissen ... worden seye, ... oder das kind durch einen schwefelgestank, von der glüenden lichtbutz oder scharfen rauch, oder eingelassenes gift in die nasenlöcher hingerichtet worden
    1769 CCTher. Beil. p. 8
unter Ausschluss der Schreibform(en):
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