Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): schrecken/Schrecken

schrecken

, v., schricken, v.


I jn. erschrecken, in Angst versetzen, bedrohen
  • auch bin ich nit schuldig das ich beyt biß ich geschlagen würde, genůg ist das einer mich angee mit waffen oder mit waffen schreck, als dann mag ich mein besitz mit waffen schirmen
    1436 (ed. 1516) Klagsp.(Brant) 18v
  • wo dieselbigen [landschädliche Personen] ... die lewte ... mit ... außdretten vom rechten zu bedrohen oder schrecken vndersteen, die soͤllen ... mit dem schwert ... vom leben zum todt gericht werden
    BambHGO.(1507) Art. 153
  • [wagt es jemand, Bürger] zu schrecken, zu vergwaltigen, vnd zu vnbillichen vertraͤgen ... zu dringen ..., so sol derselbig ... seine angemaßte gerechtigkeyt, zuspruch, vnd forderungen ... verlohren haben
    FrankfRef. 1578 X 1 § 10
  • daß sie mit schweren betrohungen einen oder andern wollten schroͤcken 
    1662 Lehmann,Speyer 455
II (bei der Territion: durch Folterandrohung eine Aussage aus jm.) herauspressen, erzwingen; jn. durch Angsteinflößung einschüchtern; mit der Tortur/ den Instrumenten schrecken die Folter androhen
  • we ihne aber de gemene mit der tortur hat geschreckt vnd geengestett anzugriffen, sol er solches [heymliche practiken] zugestanden haben
    Ende 16. Jh. MLiv. II Nyenstaedt 148
  • ob hierdurch [Vorzeigen der Foltergeräte] die warheit auss ihr geschreckht werden möcht, an dem ... zur tortur bestimbten ort geführt
    1621 SchwäbWB. VI Nachtr. 3043
  • ist sie auf die folterbank gesetzet und mit der tortur geschreckt worden
    1701 Zürich/SchweizId. IX 1603
  • eine blosse verbal-territion mag so weit gehen, daß der scharffrichter alle zur peinigung dienliche instrumenta dem inquisiten vorlege, ihn damit hart schrecke 
    1717 BrandenbKrimO. IX § 3
III (eine Gerichtsverhandlung, den gebotenen Rechtsfrieden uä.) stören, behindern; häufig in Bannformeln mit wecken 
  • [bann und frit:] auch sall niemantz den erbaren scheffen schrecken noch wecken, er will dan des rechten mit ihm pflegen
    1558 NrhArch. 6 (1868) 398
  • ich ... tuin ban und friden ... von wegen unsers gnedigen hern graif A.v.N. als pfandhern euch niemantz außer disen guiteren zu schrecken noch zu wecken, als mit gepurlichem hofrechten
    1581 RhW. II 1 S. 69
  • [bahn und fridden:] daß niemantz derwegen den anderen schreck noch weck, oder aber irgenswhoe mitt angreiffe, er thuie dan solches mitt gewonlichen und gepuirlichen landtrechten
    2. Hälfte 16. Jh. NrhArch. 6 (1868) 412
  • dat niemants ... het recht schricken, perturberen, stollen oft stueren en sal
    16. Jh. LimburgRBr. 627
  • [gericht ban:] daß niemant das gericht schreck noch weck, noch dem einrede, er tu es dan mit erleub des richters
    1646 RhW. II 1 S. 245
  • [bant und fried] mit der conditio, niemant diesen kauf zu schrecken noch wäcken
    1724 RhW. II 1 S. 110
IV einschränken, schädigen
  • dass vnser gnediger hern hocheidt nit geschreckt oder geschwecht werde
    15. Jh.? Eifel/GrW. II 599
  • wehret averst dat jemandes van den burgeren hier fische ... vorköpen wolde, ... so scholen se de up dem markte feil hebben und mit keinem natten kahn hier vor die stadt fuhren ..., darmede der fischer ampt ... nicht gescherecket werde
    1540 PommMbl. 29 (1915) 21
V (Tiere) aufschrecken, scheuchen, jagen
bdv.: recken (IV)
  • dat hohe wilt sall nymands in den wiltbannen ... recken noch schrecken, versturen, fangen ader greiffen
    1518 Ahr/GrW. III 844
  • lassen wir ... zue, das ain jeder ... ain hundt halten, und damit das wil prädt ... schreckhen mug
    SalzbLO. 1526 Bl. 124r
  • wer durch jagen oder schrecken unser vieh von unsern grund im felde wegschüchtert, gibt der herrschafft und den nachbahrn jedem 18 ß.
    1693 SchleswDorfO. 44
VI gegen ein Arrestgesuch Einspruch einlegen; geschrecktes Gut Gut, das Gegenstand einer Schreckung (II) ist
  • judex loci haͤlt daher in rationibus schrecken vor so viel als impediiren, und die schreckung mit inhibition vor einerley
    1768 Cramer,Neb. 77 S. 126
  • die schreckungen waͤren bey dem judico à quo sehr gewoͤhnlich, wodurch der schreckende theil sein vorrecht contra quoscunque emtores, alienatores & creditores posteriores intuitu der geschreckten und vertauschten guͤther mit einem jure reali behalte
    1768 Cramer,Neb. 77 S. 128
VII springen, rücken; hier: in Bezug auf den Rang im Erbrecht
  • in des halses lede die kindere, die ane tveinge vader unde muder geboren sin. is dar tveinge an, die ne mogen an eine lede nicht bestan unde scricket an ein ander let
    1224/35 (Hs. 1369) SspLR. I 3 § 3
  • des toten mannes halbe swester und sinez ungeczweyeten bruder son und bruder tochter sind sinem erbe gliche nahe czu nemene ... noch dem mal daz dy halbe gebord von der halben swester wegin schrygked an eyn ander gled
    15. Jh. MagdebSchSpr.(Friese) 509
VIII (sich) läutern, reinigen
  • wanneer parthyen hun derde vaeghtgedinge nemen, soe mach die parthy ... daerop die vaeghtgedinge genomen werden, purgeren off scricken om hun erffgoet te behalden, ende dat al soe lange dat recht gehalden wert op den selven daech
    1547 PublLimb. 16 (1879) 218
unter Ausschluss der Schreibform(en):
unter Ausschluss der Schreibform(en):

Schrecken

, m., Schreck, m., Schrick, m.


I Furcht, Angst; Entsetzen
  • von restitution der personen die auß forcht oder schreckenn, oder drang inn handlung gefuͤrt werden
    1544 Perneder,Proz. Reg. s.v. Restitution
  • das solicher grausamer schröckhen under dem volckh gewesen ist, als sey der erbfeindt ... schon in dem landt
    1575 ArchÖG. 7 (1851) 251
  • [Erdbeben:] es luffen vill ganz nackhent voller schröckhen auss den häusern, der maiste thail fluhe zur statt hinauss
    1670 ZFerd.3 46 (1902) 138
  • die entkraͤfftigung auß verschiedenen ursachen geschehen, als ... wann ein testament dem testatori mit gewalt, forcht und schrecken ... abgedrungen worden
    1709 Mutach 68
  • [wahnsinnigen gleich zu achten sind die,] welche durch schrecken, furcht, zorn, oder andere heftige leidenschaft, in einen zustand versetzt worden, worin sie ihrer vernunft nicht mächtig
    1794 PreußALR. I 4 § 29
II Einschüchterung, Bedrohung; ua. als Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund
  • wo ich ein anndern der nit ein dieb ist, so er mein mit waffen begert, vnd ob er mich noch nit geschlagen hat, es ist genůg der schreck der waffen, vff das das mir das woͤren oder schirmen günte vnd erlaubt sey
    1436 (ed. 1516) Klagsp.(Brant) 99v
  • so ... der beclagt die angezogen vbeltat verneinet so sol jme alßdann furgehalten werden ob er anzeigen moge, das er der aufgelegten missetat vnschuldig sey ... vnd solche erinderung ist darvmb not, das mancher auß aynfalt oder schrecken nit fur zuslahen weiß, ob er gleich vnschuldig ist wie er sich des außfurn sol
    BambHGO.(1507) Art. 58
  • sagt, er hab das us schregken getan
    1525 AktBauernkrMdtl. I 369
  • N. [soll] dem wyberlin [eine Prostituierte, die er auf offener Straße mit dem Schwert angegriffen hat] für sin erlittnen schrägken und schmärzen [2 pfd erleggen]
    1536 SchweizId. IX 998
  • were jme dann solcher aid mit forcht vnd rechten schrecken abgewunnen worden, so mag vnd soll er dz beweysen
    1544 Perneder,Summa 2r
  • daß er [Person, die aus Notwehr Totschlag begangen hat und sich vor dem Richter rechtfertigt] anzeyge, wie er durch des anderen bedrawunge vnd vberfall, grossen schrecken empfangen, eher denn er sich habe moͤgen beschützen: demnach von noͤten, daß solche erschreckung vorhergangen, damit du deinen todschlag von der straffe koͤnnest entschuldigen
    1565 Damhouder,Praxis 127v
  • [falls] der verhafft auß einfalt oder schrecken seine defension nicht selber fuͤrschlagen ... koͤndte, daß er deren jme aufferlegter missethat vnschuͤldig, als daß er zur zeit begangener vnthat an andern orthen gewesen ... vnd dasselbig beweisen koͤndte
    PfalzLR. 1582 V 5
III
Abschreckung, Warnung; va. in Bezug auf die generalpräventive Wirkung best. Strafen
  • das die peen eins, sey ein forcht vnd schrecken den andern
    1536 Gobler,GerProz. 119v
  • todschleger werden ... an den orthen oder strassen, daran sie solliche mortthat geuͤbt, außgehenckt, damit sie andern zů forcht, schrecken vnd ebenpild derselben ende offenlich gsehen werden
    1544 Perneder,Malef. 17v
  • werden die straffen, so die missethat so gar gemeyn ist, anderen zu forcht, schrecken vnnd ebenbild gescherpffet
    1553 Gobler,StatB. 139r
  • das [Selbstmörder] ... nit auf den gemainen freithof gelegt, sondern außerhalb freitshof ... andern zum schrecken und zum exempel
    1560 Regensburg/Sehling,EvKO. XIII 448
  • fruͤcht vnd obs dieb [moͤgen] zum schrecken vnd abscheuw in die koͤrb vnd schnellen oͤffentlich gesetzt vnd ins wasser gesprengt werden, doch also, daß demselben am leben kein schade widerfahre
    PfalzLR. 1582 V 54
  • [zur Pestzeit:] es solle auch des schreckens halber, wenn der abgestorbene begraben wird, kein geleut der glocken geschehen
    1593 TrierWQ. 184
  • der ehebrecher aber ist werth daz man ihme sein recht thue, vnndt vom leben zuem tode richte, andern zum schrecken 
    1628 Apel,Collect. 56
  • wann sie der vorsetzlichen desertion uͤberwiesen oder gestaͤndig [sollen] dieselbe ... zu schelmen declariret, ihnen vom hencker ... auch andern zum exempel und schrecken ... die nasen und das eine ohr abgeschnitten ... werden
    1711 CCPrut. III 65
  • der aber ... wider sein rechtmeßige obrigkeit schmähet ... wird andern zum exempel und schröcken schörfist gestrafft werden
    1715 Kärnten/ÖW. VI 445
  • daß solche [Galgen uä.] oͤffentlich auf- und dargestellet werden ... vornemlich, daß es denen boͤsen gott- und ruchlosen buben ein schrecken und warnung sey, von ihren ubelthaten abzulassen
    1720 Lünig,TheatrCerem. II 1403
  • ob zwar wir durch unser urteil wieder den vergifter ... den zuschauern einen abscheu und schrecken von solchen missethaten beyzubringen vermeinen
    1758 v.Tscharner,TodesstrBern 16
  • die geschwinde vollstreckung eines oder mehreren exempels, zum allgemeinen schrecken, ist der endzweck [des Standrechts]
    1789 ArchKulturg. 5 (1907) 193
IV wie Schreckung (I) 
  • [Androhung von Folter:] diser schrecken were gleichwol so wichtig nit zuachten, daß jemann dardurch herauß gebrachte bekanntniß, mit rechte für kraͤfftig nit solte gelten lassen
    1565 Damhouder,Praxis 95r
  • bekantnuß, ob sie [zauberer vnnd vnholden] schon ohne peinlichen schrecken vnnd frage gefallen
    1591 Fischart,Daem. 220b
V Panik, Verängstigung (eines Tieres)
vgl. Geilheit
  • wenn einn vnuernonfftig thier ... auß gaͤlhait, schrekhen ... einn thierschaden gethon het: welhe thier, so sie für den zuͤgefuͤgten schaden vberantwort, den beclagten pflegen zůerledigenn, vmb das der xij tafel gsetz also ist gschribenn
    1536 Fuchsperger,Inst. 85 v
  • so ein ... thier etwan aus grimmigkeit, geilheit oder schrecken beweget, wider sein art jemand schaden thut, der herr desselben, sol entweder den schaden zalen, oder mit dem thier zu buͤssen
    1583 SiebbLR. III 9 § 1
VI Tumult, Aufregung
  • disses leuttens [gemäß der Glöcknerordnung] ... soll er [glöckner] einen jeden, so ime wirt ... helffenn leuttenn, zuvor all wegs berichtenn, damit kein schreckenn ins volck komme oder bracht werde
    1560 RheingauLändlRQ. 67
  • soll auch niemants hinfurter vor loise schweine oder saue gengen, damit kein uflauff oder schrecken ... in der gemein entsthe bey straff eines guldens
    1562 RheingauLändlRQ. 79
VII wie Schreckung (II) 
  • daß schrecken nichts anders, als eine gerichtliche contradiction, inhibition, oder, wie es in Nieder-Sachsen heisset, impugnation sey, welche der verlassung, oder, wie hier, dem gesuch eines zweyten arrestes entgegen gesetzt wird
    1768 Cramer,Neb. 77 S. 126
VIII Sprung, hier als Entfernungsangabe
  • wehr sach, das ein mensch das leben vermacht hett und kunt uff dieselbige platz [Freistatt] kommen und kreischt friedt, soll man handt abthun vj wochen und drei tag, kann er darvon kommen sechs fuesz oder drey schrick 
    oJ. LuxembW. 196
  • so eyner das leben verburt hette und kondt darin kommen, sall er drey tage und sechs wochen frey sein. kundt der thetter drey schrick herauskommen ..., sall er wederumb freyheit hain
    LuxembW. 179
unter Ausschluss der Schreibform(en):
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