Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): selb

selb

, pron., adj., adv., selbst, pron., adj., adv.

in flekt. Form selbe, selber, selbes, selben zT. erstarrt, auch mit epithetischem -t

I persönlich, in eigener Person
  • got is selve recht. dar umme is eme recht lief
    1224/35 (Hs. 1369) SspLR. Prologus
  • liftucht ne kan den vrowen neman breken, neweder naborne erve, noch neman uppe den dat gut irstirft, se ne verwerke't selve 
    1224/35 (Hs. 1369) SspLR. I 21 § 2
  • dat nieman sik selven to egen gegeven ne mach, it ne weder lecge sin erve wol
    1224/35 (Hs. 1369) SspLR. III 42 § 3
  • dat mine [Gräfin v. Sayn] truwehende zehantz na mime dode sunder merren alle mine scholt gelden die ich selve gemacht haven
    1283 CorpAltdtOrUrk. II 1
  • der ... rat sol auch von sein sælbs haus do er sælb zeherberg wil inne sein ... nicht stevren
    1289 München/CorpAltdtOrUrk. III 228
  • ist, dat eyn man den anderen beclaget, bekennet hy on unde et heft hy neyn erve, hy schal em wis maken; heft hy neynen borgen, hy schal silven borge syn
    um 1300 BurgLR.(Zimmer) 329
  • die burger an dem rat habent auch gesetzet uber sich selben, daz si alle eritag und alle freitag ... auf daz rathaus suͤlen chomen
    1310/12 MünchenStR.(Dirr) 182
  • men schal nenen man dwingen to jenniger klage, der he nicht begunt heft, wente ein jewelik man mach wol sinen schaden swigen, dewile he dat sülve wil
    1322/27? (Hs. 16. Jh.) Bunge,Rbb. 110
  • ok ne darf se [Ehefrau] um eres mannes scult nene not liden de wile dat he levet, se ne hebbe de silve ghelovet
    1. Hälfte 14. Jh. GoslarStR. III § 39
  • dat die kyndere up oirre alderen eydt borger wesen sullen te K. ind ... den eydt halden sullen, gelijck of sij oen selver geswaren hedden
    1390/1401 KalkarStR.(Flink) Art. 29
  • selven derf di kleger nicht getuch syn
    1397/98 BerlinStB.(Hs.) 91v
  • wordt een man borghe, eenen anderen voir gherichte toe brenghen, ind koempt die man selve voir, onghebracht vanden borghen, ind hij dat ghetueghen mach, soe loest hij die borghen
    1426/40 KleveStR. Art. 132
  • so hat er sich an synem rechten selbist vorharret unde vorsümet
    1474 PössneckSchSpr. I 76
  • das nymant noch magdburgischem rechte bekommern, vorsperren adir die leute czu dinge bescheydin mag, denne der richter selbst adir sein gesworner fronebote
    um 1490 RechterWeg II 646
  • suldi weten dat een scriftuer privaet, dats die een man oft persoon selve gescreven heeft, volcomen gelove maict tegen hem
    1496 CoutBrab. II 2 S. 29
  • dat die richter selve die sentencie lesen ende pronunciëren sal
    1496 CoutBrab. II 2 S. 121
  • we in vnser stadt ... seck suluest dodede, dat hort in dat halsgerichte
    15. Jh. Wigand,Beitr. 153
  • es moͤgen die parthyen solch posiciones vnd antwurt thůn vnd fürbrengen durch sich selbt oder jre anwelde
    FrankfRef. 1509 fol. 46r
  • welcher ... im selb tod tut ... oder sein vater vnnd muetter vmbringet ... dessen seind leib vnnd gut verfallen
    1514 LaibachMalefizO. 465
  • wanner de kynder mundich werden vnde wolden suluest vorderinge don, den mach de vormunder neen tuch syn
    vor 1529 LangenbeckGl.(Eichler) D 1 Cod. B
  • [soll man] von einem ganzen weingarten 16 ₰ ... erlegen und ist darinn kainer außzunemmen, er bau sein weingarten selbert oder durch ander
    16. Jh. NÖsterr./ÖW. VII 306
  • der selbst falsche müntze macht, den sol man verbrennen lebendig
    1628 Apel,Collect. 86
  • wo der landt marschall selbsten freündtschafft oder anderer vrsachen halber nicht richter sein khan, [hat der Landuntermarschall] eben die macht vnd authoritet, alß der landt marschall selbst hat
    1654 NÖLO. I 2 § 6
  • wann ainer ain perheften paumb auf seinem grund hat, der auf seinen nochtbarn hengt, da mog er hinaufsteigen, des der pamb ist ... und waß er mit der hand glangt mog er abprocken und die andern selbert abschiten, da soll im sein nochtbor den driten thail zu dem stam schiten
    17. Jh. (Hs.) Salzburg/ÖW. I 116
  • wer sich eines andern zu ausführung eines verbrechens bedient, wird eben so bestraft, wie derjenige, welcher ein solches verbrechen selbst und unmittelbar begangen hat
    1794 PreußALR. II 20 § 67
  • handlungen, welche die frau ohne bewilligung des manns selbst unter gerichtlicher ermächtigung geschlossen hat, begründen keine verbindlichkeit für das gemeinschafts-vermögen
    BadLR. 1809 Satz 1426
  • ist niemand vorhanden, der von dem erblasser selbst abstammt; so faͤllt die erbschaft auf ... die zweyte linie
    1811 ÖstABGB. § 735
II
verstärkend: eigen; mit seines selbes Leib in eigener Person
bdv.: Selbsleib
vgl. seinselbst
  • die erven solen ok von der sat sogedanen tins oder plege geven jeneme, an den it gut geboret, als man jeneme solde, die it ut dede; wende it sines selves pluch nicht ne beging do he starf
    1224/35 (Hs. 1369) SspLR. III 77 § 2
  • swelher stirbet vnder den bvrgen, des erben svln sin teil fvr in gen, an siniv lehen. da giltet nieman von, wan sines selbes schvlde
    um 1275 Schwsp.(Langform Z) LR. Art. (L.) 6
  • ein ieglicher probst ... sol eins ieglichen jars ... in demselben dorf ze H. mit sins selbes libe ... zu dem meigerhof zu gericht sitzzen
    1338 (Hs. 2. Hälfte 15. Jh.) Zürich (Kt.)/GrW. I 6
  • [sechs preußische Städte] moghen eres selues voghet setten op de vitten
    1368 Danzig(Hirsch) 278
  • das keyn weip vorspreche gesyn moͤge ... ydoch sollet ir wissen, das eyne frawe eyne sache fuͤren mag czu lehnrechte durch oͤres amechtis willen, so mag sy ouch geczeug syn ... czum andern mole mag sy oͤris selbis sache fuͤren
    1464 SspGlLehnr.(lang) 72
  • auch mag niemand in seiner selbst sache zeuge sein
    1583 HadelnLR. I 7
III seines selb(st) (waltig) sein sein eigener Herr sein, selbstmündig sein, nicht leibeigen (I) sein
  • kein eigen man mag sines gutis ouch nicht vorgebin ane sines herren wille. wenne worumme? sy sien ires selbist nicht, wenne sy sien einem andern undertan mit rechte
    Ende 14. Jh. GlWeichb. 388
  • een wiif en is oers selffs niet weldich, mer oer man sal oere ghewalden
    1430 KleveÄltStRHs. 27
  • das ein frembde frau nit mehr verwierchen mag als 32 ₰, und ein witib die ir selben ist die mag als vill verwierchen als ein mann
    16. Jh. NÖsterr./ÖW. VIII 5
IV seines selbs(t) werden, auch: sich selben arbeiten sich selbständig machen, einen eigenen Handwerksbetrieb gründen, Meister (III) in einer Zunft werden
  • scal nen platensleghere sines sulves werden, he en hebbe teyn lubesche mark wert gudes, de sin egen sin
    1370 Wehrmann,Zftr. 365
  • welk knecht synes sulves werden wil, dee schal ersten en jar hir to R. denen
    1397 Stieda-Mettig 381
  • ok schal nement sines sulues werden, he en schole maken dre stucke werkes in des werkmesters huse
    14. Jh. Lüneburg/Lasch,NdStB. 18
  • welk man, de sines sulves wert, de sal to deme ersten male de buerscop winnen und to dem anderen male de cumpanie
    1400 LivlUB. I4 Sp. 304
  • welck knecht will synes sülves werden in dem bödikerampte, de schall sülffdrüdde schweren tho den hyllghen, dat he eghenes ghudes hebbe teyn marck unvorborghet boven den brutschat unde medegifft
    1415 HambZftRolle 33
  • welck man in vnseme ampte sines sulves werden wil, de schall hebben teyn mark vnvorborget, vnde schal echt vnde recht geboren sin
    1432 Wehrmann,Zftr. 157
  • dat en yslick knecht in deme ammechte, de synes sulves wil werden, de schall gheven veer schillinge to den armborsten
    1. Hälfte 15. Jh. HambZftRolle 26
  • welick goldtschmedegeselle, die dat vorgenombde ampte begeret sins sulvest tho werdende binnen E., die zall ... twe jaer ... voer einen goldtschmedegesellen gedinet hebben
    1491 OstfriesUB. II 337
  • welk goldschmedes son de sick sulven arbeiden will und des werkes bruken, de schall dat werk eschen dar he in geboren is
    1587 LünebZftU. 100
V alleine; von sich selbst aus eigenem Antrieb, unaufgefordert
  • kofft en man eruegud effte tyns, dat sik suluen lozet effte dat men lozen mach, vnd sterfft he denne ane eruen, so is dat varende haue
    1401 LünebStR. 56
  • [wer ainiges holz bedürftig, solle] nicht von sich selbsten solches ohne vor- oder außzaigung des jägers ... schlagen
    1640 (Hs. 18. Jh.) Kärnten/ÖW. VI 459
  • wenn das eigenthum des dienstbaren und des herrschenden grundes in einer person vereiniget wird, hoͤrt die dienstbarkeit von selbst auf
    1811 ÖstABGB. § 526
VI jener
  • den zehend sollen die unterthanen abzöhlen lassen, wann selber abgeschnitten das korn und wiederum wann abgeschnitten worden der haber
    1781 Steiermark/ÖW. VI 103
VII sogar, auch
  • die frau zur linken hand behält aber auch die verpflegungsgelder [als Abfindung im Todesfall des Ehepartners], selbst wenn sie wieder heyrathet
    1794 PreußALR. II 1 § 912
  • die auf ein grundstück bestellte hypothek begreift in der regel auch alle darauf befindliche, selbst die nach der eintragung neu errichteten gebäude, mit unter sich
    1794 PreußALR. I 20 § 471
  • dem volljährigen, der sich in einem bleibenden zustand von gemüths-schwäche, wahnsinn oder raserey befindet, soll die eigene verwaltung seines vermögens entzogen werden, selbst wenn er lichte zwischenzeiten hätte
    BadLR. 1809 Satz 489
  • die künftige verlassenschaft einer noch lebenden person kann, selbst mit ihrer bewilligung, nicht verkauft werden
    BadLR. 1809 Satz 1600
unter Ausschluss der Schreibform(en):