Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): still

still

, adj., adv.

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I schweigend, ohne ein Wort zu sagen; insb. bei Gericht; offen zu II 
  • dat wy, A. ende G., voors onderlingh twist hadden, so souden die poirters stille dair toe sitten ende en souden gheen van ons helpen
    1283 HollandOrkB. Suppl. 164
  • alle die waerheiden, die mannen horen van live, horen zy stille, ende ene cherkeminage horen zy stille ende up den gront sittende, daer men omme dinghen wille
    vor 1350 CoutBourgBruges III 281
  • ein richter mag dem andern sein wort thun, sonst sollen sie still sitzen
    14./15. Jh. Neckargemünd 608
  • een voirspreke sall in dat ghericht luyt sijn ende inden beraede still wesen
    1426/40 KleveStR. Art. 280
  • [das] ein jeder bis zum end des gantzen rathschlags die andern auch zu hören still vnd geschwigen sey, bis das die vota vnd gesprech alle ergangen seindt
    1540 JenaStO. Art. 9
  • [alle knaben] sollen in der schul under den lectionibus, auch in der kirchen still sein und nicht schwatzen
    WolfenbüttelKO.(1569) 238
  • wann die schoͤppen behegt seind, so sollen sie sitzen auff der banck vnd stille sein, vnd vnter sich selber nicht viel reden
    1577 Pölmann,Urteil 45r
II leise, ruhig; auch: geräuschlos, lärmfrei; stiller Freitag Karfreitag
  • [handtwerck:] auff jren herbergen ... sollen sie sich ... still, zuͤchtig, erbar vnd bescheidenlich halten
    1554 AmbergGesatzB. 69v
  • offenberlich sol niemands reden binnen gehegtem ding, sondern ein jeder sol still reden
    1574 Pölmann,Hdb. K iiijr
  • [stunden wächter sollend] kein gfecht nach gschwetz tryben, sonder sich still und heimblich haltten und uff alles flyssig uffmercken
    1593 LuzernSTQ. IV 380
  • sollen alle personen, welche ins neue arbeits-haus gebracht werden, sich ehrbar, still und fromm verhalten
    1751 Krüger,PreußManufakt. 609
  • die jagd theilt sich ... nach der beschaffenheit der ausuͤbung in stille und klapperjagd
    1785 Fischer,KamPolR. II 858
  • charfreytag: ... allgemeiner ist ... der name: der stille freytag, weil an diesem tage in den kirchen und sonsten kein spiel und musik gehoͤrt und bey den catholiken sogar keine glocken angezogen werden
    1797 Haltaus,Jahrzeitb. 235
III geheim, heimlich, nicht öffentlich; stille Frage wie Stillfrage; stilles Gericht wie Stillgericht; stille Wahrheit wie Stillwahrheit (I) 
  • steit an deme rade, ofte se den tuch openbare edder stille horen willen
    1270 (Hs. 1493) HambOrdB. F 21
  • man sol ouch ein stille vrag haben, ieder herre in sinem lande
    1293 MWittelsb. II 29
  • wir suͤln auch ein stille frag haben umb die schedlichen læut in unserm land mit unserm vitztum und mit unserm rat, die wir darzů schaffen
    1300 MGConst. IV 1217
  • in elcken ambocht sal die baeliu een stille waerheit besitten eens 's jaers ... ende dan sal die baeliu vii goeder knapen eeden, dat sy ... melden ende bedraghen vor den baeliu
    1303 Mieris II 30
  • dat nen copman, de to der duschen henze behort, sal nene gheselscap noch wederlegginge maken noch holden stille noch openbare
    1350 HansUB. III 78
  • ensolen wir egeyne unss vurschreuen herren van Colne ... mit deme stillen gerichte of vryen stoelen in Westfalen lande ... ansprechen
    1377 Lacomblet,UB. III 706
  • [der sterczermaister hat yeglich unsittigkait und unordnung] ze pessern und ze straffen, des ersten mit stiller, guͤtiger warnung und underweisung; ob aber daz nicht hulff, dann offennlich mit den precheln
    1443 WienRQ. 219
  • dat man uns [burgere] buyssen Colne ind besonders an gheyne vrije stoile noch stille gerichte vorderen noch heysschen sall
    1444 QKölnHandel IV 89
  • dat men den copman van der dutschen hanse noch syne familie nicht bannen sal, noch ok van ghener misdaet by ener stiller hemeliker dorgander warheit bedraghen sal werden
    1454 HanseRez.2 IV 190
  • eenighe poorters te mueghen bannen metter clocke ofte by stille ofte duergaende waerhede
    1572/97 CoutBruges I 112
  • das dieselben [blutrustigen schlegereien, mordgeschraien] in stiller geheim vertragen und der zent verschwigen werden
    1575 WürzbZ. I 1 S. 80
  • dieweilen aber bißweilen die kheüf in gehaimb und still fürgehen, damit demnach hierdurch den negsten bluetsfreünden nichts zu nachthail gehandlt werde
    1608 OÖLTfl. III 16 § 4
  • [pest:] sollen die todten bald und bey der nacht, still und tieff in die erden an abgesoͤnderte oerther begraben [werden]
    1680 CAustr. I 547
IV ungestört, unwidersprochen, rechtlich unangetastet; insb. in Bezug auf ungestörten Besitz als Voraussetzung der Ersitzung
bdv.: ruhig
  • hat daz [anders gůtes, daz niht værndes gůt haizzet] ein man in seiner gwer vnd seiner stiller gwer zehen iar bei dem, der bei im in dem lande ist, an recht widersprache, der selbe mag es nimmer an gesprechen
    um 1275 Dsp.(Eckh.1971) LR. Art. 51 § 2
  • ob ein man chauffet an sein wizzen divpisch gůt vnd hat daz in stiller gwer lenger danne driv iar, ist daz sein zereht oder niht
    um 1275 Dsp.(Eckh.1971) LR. Art. 52
  • swelh man och ein eigen in dirre stat ... hat gehabt in stiller gewer iar vnd tack an ansprache, den mack darvmb fvͤrbaz niemen angesprechen
    1294 MWittelsb. II 48
  • [hat das gotzhaus sand P. holz inn gehabt] uͤber fuͤmf und dreizzich jar pei guͤtem gericht in stiller aigens gewer und an alle ansprach
    1304 SPöltenUB. I 212
  • hat das ein man in seiner gewalt czehen iar in stiller gewalt pei dem, der pei im in lande ist an rechte widersprache, der selbe mag es nymmer angesprechen
    1. Hälfte 14. Jh. Schwsp. Var./WSB. 75 (1873) 104
  • als wir sie alle ... beschutzen, beschirmen und behalden sullen und wollen in stiller gerwelicher und fredlicher gewere und mit gemache
    1370 LünebUB. II 9
  • sazz auch seins [abbt H.] gutz zw V. in stiller nutz vnd gewär von seinz gotzhaws wegen
    1422 MBoica XII 228
  • [da ich] der virde besyczczer byn und meyn recht erbe unde gut geruglichin besessin habe ane rechte ansproche yn stiller gewere, alle die weile alz der erste kouffir gelebit hat
    1. Hälfte 15. Jh. Wasserschleben,Samml. 267
  • haben wir ... sie der in stille leipliche geruige nutzliche gewalt vnd gewere eingesetzt
    1469 GeöArch. II 1 S. 242
  • welher unser burger ... ligendiu guͤt haͤt, ... die er jaͤr und tag geruͤweclich in nutzlicher stiller gewer inne gehept und besessen hat
    1499 UlmRotB. Art. 19
  • wer bey guettem gericht vnd mit stiller gewehr ain aigen herbracht hat, dreyssig jar vnnd ain tag ... mag er das fuͤrbringen, so hat er fuͤrbaß recht dartzue
    KrainLHdf. 1598 Bl. 2r
  • wer ein recht lehen in stiller gewehr hat unversprochen zwoͤlff jahr und ain tag, mag er das bewern ... das soll er fuͤrbaß beruet haben
    1727 Lünig,CJFeud. II 386
V ohne die vorgeschriebene oder übliche Form begründet, abgeschlossen, erteilt; auch: konkludent
  • dese ratihabicie is in den rechte twederleyde, deen is geheeten zwijgende oft stille ratihabicie, ende dander is geheeten expresse ratihabicie
    1496 CoutBrab. II 2 S. 59
  • das weib in den parauernalibus wirt auch fuergesetzt den geltern habende stil oder ausgedruckte pfandschaft, das ist ein ligends guet [tacitam vel expressam ypothecam, id est pignus immobile] 
    um 1500 Summa legum 313
  • tacitus contractus, stiller kauff
    Frischlin(Frankf. 1631) 556
  • alle diejenigen, die hier einen stillen kauf thuen mit erbschaft, als recht, so sall man den halten jahr und einen tag allen erben unverlustig
    oJ. Eifel/GrW. VI 576
VI
nichtausübend, (eines Amtes vorübergehend) enthoben
  • gif priost læfe unriht hæmed oþþe fulwihðe untrumes forsitte oþþe to þon druncen sie, þæt he ne mæge, sio he stille his þegnungæ oþ biscopes dom [wenn ein Priester ein gesetzwidriges (Ehe-)Verhältnis zugibt oder die Taufe eines Kranken versäumt oder so betrunken ist, dass er nicht (fungieren) kann, sei er seines (Pfarr-)Amtes enthoben bis zu des Bischofs Urteilsspruch] 
    695 (Hs. um 1125) Liebermann,AgsG. Wi 6
VII von Waffen: unbenutzt
  • þeah hwa his spere sette to oðres mannes huses dura, ⁊ he þiderinn ærende hæbbe, oððon gif mon oðer wæpne gedreohlice lecgce, þær hig stille mihtan beon ... ⁊ hwylc man ðonne þæt wæpn gelæcce ⁊ hwylcne hearm þærmid gewyrce, .... þæt se ðe þone hearm geworhte, þæt se þone hearm gebete [wenn jemand seine Lanze an die Haustür eines anderen Mannes stellt, indem er dort hinein ein Anliegen hat, oder wenn jemand andere Waffen vorsichtig hinlegt, wo sie ... ruhig bleiben könnten, und irgendwer dann diese Waffe ergreift und irgendwelchen Schaden damit verübt, ... wer den Schaden verübt hat, dass der auch den Schaden büße] 
    um 1027 Liebermann,AgsG. II Cn 75
VIII stille Gesellschaft Kommanditgesellschaft, Gesellschaft mit mind. einem stillen Gesellschafter/Kompagnon, der nur Kapital gibt, nicht nach außen auftritt und nicht persönlich haftet; seltener: stille Gesellschaft reine Innengesellschaft, bei der alle Beteiligten eigenständig nach außen auftreten
  • eine art von gesellschafts-handlung, welche man eine anonymische, unbekannte oder stille gesellschaft nennet, ... da ... ein jeder die geschäfte unter einem gewöhnlichen namen führet
    1776 Krünitz,Enzykl. VIII 277
  • welcher der societät ein bestimmtes capital mit der bedingung anvertrauet hat, daß er, statt der zinsen, am gewinne oder verluste nach verhältniß dieses capitals theil nehmen wolle, wird ein stiller gesellschafter (associé en commendite) genannt
    1794 PreußALR. II 8 § 651
  • die stille gesellschaft (societé en commandite) besteht zwischen einem oder mehreren solidarisch (in solidum) verantwortlichen handels-gesellschaftern und einem oder mehreren bloß zum handels-fond beytragenden associirten, welche man stille compagnons nennt
    C.D. Erhard, Napoleons Handelsgesetzbuch verdeutscht (Dessau 1808) 8
unter Ausschluss der Schreibform(en):
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